Nutzen der allogenen Stammzelltransplantation bei Non-Hodgkin-Lymphom unklar

Köln – Es fehlen aussagekräftige Studien dazu, ob Patienten mit einem Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) von einer allogenen Stammzelltransplantation profitieren. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kommt daher jetzt in einem Abschlussbericht zu dem Ergebnis, „dass Aussagen zum Nutzen dieser risikoreichen Therapie nicht möglich sind.“
Das NHL ist eine Form von Lymphdrüsenkrebs, also eine Erkrankung des blutbildenden Systems. Die verschiedenen Formen der Erkrankung sind selten. Reichen in der Behandlung Chemo- und Strahlentherapie nicht aus, kann eine Stammzelltransplantation infrage kommen.
Bei einer allogenen Transplantation – um die es in dem Abschlussbericht des IQWiG geht – werden dazu Stammzellen eines anderen Menschen übertragen. Die Übertragung eigener Stammzellen ist dagegen eine „autologe Stammzelltransplantation“.
Die IQWiG-Wissenschaftler haben nach eigenen Angaben verschiedene therapeutischen Situationen untersucht. Teils verglichen sie die allogene Stammzelltransplantation mit der autologen, teils mit einer palliativen Behandlung.
„Die Bewertung der allogenen Stammzelltherapie wird dadurch erschwert, dass die verschiedenen Formen der Erkrankung selten sind. Selbst wenn man alle Non-Hodgkin-Lymphome gemeinsam betrachtet, gibt es derzeit pro Jahr in Deutschland nur circa 250 Patienten, die eine allogene Stammzelltransplantation erhalten“, umreißen die IQWiG-Autoren die Problematik. Diese verteilten sich zudem auf viele Untergruppen.
Insgesamt konnte das Institut 43 Studien in den Abschlussbericht einbeziehen. Die Wissenschaftler untersuchten vor allem, wie lange die Patienten überlebten. „Sofern es überhaupt verwertbare Daten gab, zeigten sie beim sogenannten Gesamtüberleben aber keinen klaren Vorteil der allogenen Stammzelltransplantation gegenüber den Vergleichstherapien. Studien, die eine Aussage über die Lebensqualität der Betroffenen erlauben würden, gibt es keine“, berichten die IQWiG-Autoren. Sie weisen aber auf das Risiko einer Abwehrreaktion der neu gebildeten Immunzellen gegen den Patienten hin. Das IQWiG sieht hier einen Anhaltspunkt für einen Schaden.
Im Stellungnahmeverfahren zum Vorbericht wurde laut dem IQWiG eine große Diskrepanz zwischen der Nutzenbewertung und der klinischen Erfahrung deutlich, insbesondere bei Patienten, bei denen andere therapeutische Optionen ausgeschöpft sind.
Nach Darstellung der stellungnehmenden Kliniker sind im Durchschnitt rund 30 Prozent der Transplantierten fünf Jahre nach dem Eingriff noch am Leben, während fast alle ohne diese Therapie bereits im ersten Jahr versterben. „Diese Diskrepanz zwischen klinischer Erfahrung und Studienergebnissen hat das Institut auch nach erneuter Prüfung der Daten nicht auflösen können“, berichtet das IQWiG.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: