Nutzen des Bakteriurie-Screenings bei Schwangeren unklar
Köln – Es bleibt unklar, ob Schwangere von einer Untersuchung auf asymptomatische Bakteriurie (ASB) profitieren. Der Nutzen einer Antibiotikatherapie im Anschluss an ein Screening ist ebenfalls offen. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in einem Abschlussbericht im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA).
Bei einer ASB rufen die Bakterien im Urin keine Symptome eines Harnwegsinfekts hervor, sie lässt sich daher nur durch Tests nachweisen. Alten Studien zufolge soll eine ASB unbehandelt in etwa einem Viertel der Fälle zu einer Pyelonephritis führen. Eine Bakteriurie wurde auch mit einem erhöhten Risiko für Frühgeburten in Verbindung gebracht.
Um den Nutzen eines ASB-Screenings für Mutter und Kind zu bewerten, läge es nahe, zum Vergleich eine Managementstrategie ohne Screening heranzuziehen. Eine solche Vergleichsstudie gibt es aber offenbar nicht, weil das Screening in Deutschland wie in vielen anderen Ländern wegen des unterstellten Nutzens seit vielen Jahren fester Bestandteil der Vorsorge ist.
Ersatzweise untersuchte das IQWiG den Nutzen und Schaden einer Therapie der ASB, die durch ein Screening entdeckt wurde, und zwar im Vergleich zu einer Nichtbehandlung oder Placebo-Gabe. Allerdings konnten die Forscher dazu nur drei Studien heranziehen, die aus den Jahren 1960 bis 1969 stammen.
„Diese über 40 Jahre alten Studienergebnisse lassen sich nicht auf die heutige Versorgungssituation übertragen: Zum Teil waren die Teilnehmerinnen vor der Studie Maßnahmen ausgesetzt, die bei gesunden Schwangeren nicht mehr üblich sind und den Behandlungseffekt beeinflusst haben könnten“, erklärten die IQWiG-Wissenschaftler. Zudem wurden in den Studien mögliche Schäden durch die damals üblichen Antibiotika kaum untersucht.
Das Qualitätsinstitut berichtet, dass in den Niederlanden ein ASB-Screening bislang nur für Risikogruppen empfohlen ist. Daher seien dort Studien mit Kontrollgruppen ohne Screening möglich. Bei der Rekrutierung zu einer aktuellen Vergleichsstudie gab es aber ein Problem: Die als Studienendpunkte definierten Ereignisse, Pyelonephritis und Frühgeburt, traten erheblich seltener ein als erwartet.
Das deute auf eine gegenüber früher deutlich gesunkene Inzidenz oberer Harnwegsinfekte hin. „Womöglich treten bei einer ASB heutzutage viel seltener Komplikationen auf, wodurch sich auch das Verhältnis zwischen den Vorteilen und den Nachteilen eines Screenings verschoben haben könnte“, so die Kölner Forscher.
Sie plädieren dafür, auch in Deutschland Vergleichsstudien zum Nutzen des Screenings aufzulegen. „Eine solche Studie ist machbar – und auch ethisch vertretbar, wenn man bestimmte Risikogruppen ausschließt, damit ihnen im Placebo-Arm keine Antibiotika-Therapie vorenthalten wird“, sagte Stefan Sauerland, der Leiter des Ressorts Nichtmedikamentöse Verfahren im IQWiG.
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