Ärzteschaft

Nutzen von Früherkennung auf Vitamin-B12-Mangel bei Neugeborenen unklar

  • Freitag, 8. September 2023
/syhin_stas, stock.adobe.com
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Köln – Die Vor- oder Nachteile einer Früherkennung auf Vitamin-B12-Mangel im Rahmen des Neugeborenen­screenings sind unklar. Eine Nutzenaussage ist nach Angaben des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) wegen mangelnder Studiendaten nicht möglich. Gleiches gilt für die Früher­kennung von Homocystinurie, Propionazidämie und Methylmalonazidurie.

Alle vier Erkrankungen sind selten, können aber die körperliche und geistige Entwicklung von Kindern ge­fährden. So kann es unter anderem zu Hirnschäden, Krampfanfällen und Koma sowie zu Schäden an Augen, Nieren und Blutgefäßen kommen. In nicht wenigen Fällen ist das Leben des Neugeborenen in Gefahr.

Für die Beantwortung der Frage, ob die Früherkennung eines Vitamin-B12-Mangels und weiterer Zielerkran­kungen in das erweiterte Neugeborenenscreening aufgenommen werden sollte, recherchierte das IQWiG-Pro­jektteam drei Studien, die Screening mit keinem Screening verglichen, sowie 13 Studien, die eine frühe mit einer späten Behandlung betroffener Kinder verglichen.

Die Studien, die die Effekte von Screening prüften, lieferten keine aussagekräftigen Daten für eine Beantwor­tung der Fragestellung. Denn obwohl diese drei Studien insgesamt mehrere Hunderttausend Kinder unter­suchten, waren nur knapp 20 Kinder von einer der Zielerkrankungen betroffen.

Die 13 Studien, die eine frühe gegenüber einer späten Behandlung untersuchten, waren ebenfalls nicht ver­wertbar. Hauptproblem dieser Beobachtungsstudien ist laut dem IQWiG, dass sich früh und spät behandelte Kinder in vielerlei Hinsicht unterscheiden, zum Beispiel beim Alter, der Nachbeobachtungsdauer und der Er­krankungsschwere.

„Etwaige Unterschiede lassen sich daher gerade nicht auf den Behandlungszeitpunkt zurückführen, sondern sind möglicherweise allein durch Unterschiede in Alter, Erkrankungsschwere oder anderen Merkmalen be­dingt“, argumentieren die IQWiG-Forscher.

Ein weiteres Problem liegt laut der Arbeitsgruppe darin, dass einige der Studien sich auf Stoffwechseldefekte bezogen, die zwar in anderen Ländern vorkommen, die aber in Deutschland bislang so gut wie noch nie be­obachtet worden sind.

„Mangels aussagekräftiger Evidenz aus den vorliegenden Studien bleiben Nutzen oder Schaden der Früher­kennung eines Vitamin-B12-Mangels und weiterer Zielerkrankungen somit unklar“, lautet das Fazit des Insti­tuts.

Interessierte können den Vorbericht bis zum 5. Oktober kommentieren.

hil

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