Nutzenbewertung von Medikamenten: Koalition will Entwurf nachbessern

Berlin – Bundesgesundheitsministerium (BMG) und die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP sind nach Angaben aus Kreisen der Koalition dabei, ihre Pläne zur Nutzenbewertung von Medikamenten wieder etwas zu verschärfen.
Kritiker hatten der schwarz-gelben Regierung unter anderem im Rahmen einer Bundestagsanhörung vorgeworfen, die eigenen Pläne vom März stark zu verwässern und den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zu beschneiden.
Zusätzlich zu den bisherigen Vorgaben im Rahmen des geplanten Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) zu Verordnungsausschlüssen von Arzneimitteln soll der GBA nun „im Einzelfall“ ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels von einem pharmazeutischen Hersteller anfordern können.
Darauf muss er sich jeweils mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft verständigen. Werden die verlangten Studien nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der GBA das betreffende Arzneimittel von der Verordnung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausschließen.
Alle anderen Vorgaben im Rahmen des AMNOG zu diesem Themenbereich werden trotz deutlicher Kritik offenbar belassen. So will das BMG in Zukunft selbst festlegen, welche Aspekte bei der Nutzenbewertung eine entscheidende Rolle spielen sollen, und dem G-BA klarere Vorgaben für seine Verfahren machen.
Unter anderem soll das Gremium Medikamente nicht mehr wegen fehlenden Nutzennachweises von der Verordnung ausschließen können. Bei Arzneimitteln seien Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bereits im Rahmen der Zulassung geprüft, heißt es zur Begründung. Auch eine separate Nutzenbewertung für Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen soll deshalb entfallen.
Die geplante Ergänzung „ist ein Schritt in die richtige Richtung“, urteilte der G-BA-Vorsitzende Rainer Hess. „Nicht mehr der G-BA muss einem pharmazeutischen Unternehmen die ,Unzweckmäßigkeit‘ seines Arzneimittels belegen, sondern der pharmazeutische Unternehmer muss auf Anforderung die Zweckmäßigkeit seines Arzneimittels nachweisen, wenn er einen Verordungsausschluss vermeiden will.“
Nach wie vor bleibt aber nach Hess‘ Ansicht offen, ob ein Hersteller nach der geplanten Schnellbewertung seines innovativen Arzneimittels und einer Preisfindung dafür verpflichtet ist, den Nutzen des Präparats durch aussagekräftige Studien zu patientenrelevanten Endpunkten wie Morbidität, Mortalität und Lebensqualität zu belegen oder nicht. Dieses Rechtsproblem löse das AMNOG nicht.
Kritisch äußerte sich Hess auch zur Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln bei seltenen Erkrankungen ohne weitere Nutzenbewertung. Solange tatsächlich keine Behandlungsalternative bestehe, sei deren Nutzen anzuerkennen. Wenn aber bereits mehrere solcher „orphan drugs“ zur Behandlung einer Erkrankung zugelassen seien, müsse eine vergleichende Nutzenbewertung durch den G-BA möglich bleiben.
Die Koalition verweist in der Begründung zu ihrem überarbeiteten AMNOG-Änderungsantrag darauf hin, dass im Sinne einer hochwertigen Versorgung ergänzende Studien erforderlich sein könnten. „Das darf aber nicht dazu führen, dass den Patientinnen und Patienten in der Zwischenzeit, das heißt, bis Studien vorliegen, das Arzneimittel vorenthalten wird“, heißt es.
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