OECD: Norwegens Sozialsystem für psychisch Kranke eine Falle
Paris – Norwegen muss nach Einschätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sein Sozialsystem reformieren. Nur so könnten Arbeitnehmer mit psychischen Problemen schneller wieder gesund werden und als Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, betonte die OECD gestern in Paris. Die Ausgaben Norwegens für Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit seien mit 25 Milliarden US-Dollar die höchsten im OECD-Raum. Einen Großteil machten dabei die psychischen Erkrankungen aus. Einer von fünf Arbeitnehmern leide unter psychischen Problemen.
Auffällig ist nach Angaben der OECD-Studie, dass Norwegen einen so hohen Krankenstand verzeichnet, obwohl das Land viel Geld in Bildung und Gesundheit investiert. Dafür sei das „großzügige Sozialsystem“ Norwegens verantwortlich, da es für psychisch gefährdete Personen „wie eine Falle“ wirke, analysiert die OECD.
So bekämen erkrankte Arbeitnehmer ein Jahr lang ihr normales Gehalt gezahlt und seien deshalb wenig motiviert, wieder an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Für psychisch Erkrankte verschlimmere eine lange Auszeit jedoch die mentalen Probleme und verstärke die Ängste, die mit der Arbeit verbunden seien. Dies erschwere die Rückkehr an den Arbeitsplatz und öffne den Weg zu einer „permanenten Inaktivität“, da Anträge auf Invalidenrente selten abgelehnt würden.
Die OECD empfiehlt den norwegischen Behörden, längere krankheitsbedingte Fehlzeiten der Mitarbeiter mit psychischen Problemen zu verhindern, indem sie die finanzielle Eigenverantwortung der Beteiligten stärken. Außerdem sollten sogenannte Business-Support-Center eingerichtet werden, die für eine frühzeitige Unterstützung gefährdeter Personen am Arbeitsplatz sorgen. Zudem müssten mehr Psychiater eingestellt und die Rückkehr ins Berufsleben allgemein erleichtert werden.
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