Ärzteschaft

Öffnung der Fernbehandlung soll Patientenkontakt nicht ersetzen

  • Freitag, 4. Mai 2018
Eine Pflegerin legt der Bewohnerin einer Seniorenresidenz im Rahmen einer elektronischen Visite ein EKG-Gerät an, dass die Daten an einen Tablet-Computer und von dort aus zum Arzt überträgt. /dpa
/dpa

Berlin – Ärzte in Deutschland sollen künftig mehr Patienten über digitale Technik aus der Ferne behandeln können. Generell zur Regel werden sollen Online-Sprechstunden aber nicht. „Neue Methoden mit Kamera und Videoübertragung können vieles deutlich erleichtern – ohne Anreise und Wartezeiten“, sagte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery. Daher sollten jetzt Möglichkeiten für eine schnelle Kommunikation auf Grundlage einer individuellen Beziehung von Arzt und Patient eröffnet werden. Der persönliche Kontakt bleibe aber der „Goldstandard“ ärztlichen Handelns. „Daran wollen wir nichts ändern“, betonte Montgomery.

Eine stärkere Freigabe von Fernbehandlungen ist ein Thema des Deutschen Ärztetags, der am kommenden Dienstag in Erfurt beginnt. Bisher sind im bundesweiten Berufsrecht „ausschließliche“ Behandlungen von Patienten über Kommunikations­medien untersagt. Laut einer Vorlage des Vorstands der Bundesärztekammer soll dies künftig „im Einzelfall“ erlaubt sein – wenn es ärztlich vertretbar und die Sorgfalt gewahrt ist. Entscheiden soll darüber der Deutsche Ärztetag.

Es gilt derselbe Kriterienkatalog

„Ärzte, die fernbehandeln, müssen sich an dieselben Kriterien der Berufsordnung halten wie bei einer klassischen direkten Behandlung“, erklärte Montgomery. Sie müssten Patienten über Chancen und Grenzen des digitalen Kommunikationswegs aufklären. Ein Arzt müsse zudem sicher sein, dass ein Patient versteht, was er aus der Distanz mit ihm bespricht.

Als Beispiel für mögliche Fernbehandlungen nannte der BÄK-Präsident Hauter­krankungen. So könnten Patienten Bildaufnahmen schicken oder per Kamera zeigen, sodass ein Arzt entscheiden könnten, wie dringlich das Problem sei und wie die Behandlung weitergehen sollte. Für Online-Sprechstunden könne es zudem feste Termine geben. „Man kann auch zwischendurch vielleicht schnell etwas elektronisch erledigen. Zwischen einer stark frequentieren Allgemeinarztpraxis und der Spezial­praxis eines Radiologen wird es sicher Unterschiede geben“, sagte Montgomery.

Er verwies auch auf „Druck von außen“. Es gebe ausländische Internetportale, bei denen Patienten nicht sicher sein könnten, ob auf der anderen Seite wirklich ein Arzt sitze, zumal mit deutscher oder EU-Zulassung. „Wir wollen lieber, dass so etwas in unserem System und am besten in Deutschland gemacht wird – mit unseren Haftungs- und Berufsregeln und auch den Finanzierungsregeln der gesetzlichen Krankenversicherung.“

Mehr Online-Behandlungen befürwortet auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Sie sollten auch für Erstkontakte zwischen Arzt und Patient erleichtert werden, schrieb er in einem Beitrag für das Magazin Focus. So könnten Alltagsprobleme etwa in unterversorgten ländlichen Gebieten gelöst werden, wo schnelle Arztkontakte sonst schwer möglich sind.

In Ballungsräumen ersparten Videosprechstunden Wege und Wartezeit. Viele Bürger nutzten Online-Gesundheitsangebote zudem so oder so. „Die Frage ist, ob diese von Google & Co. aus dem Ausland gesteuert werden oder unsere Ärzte selbst am Steuer sitzen.“ Die Ärztekammern in Schleswig-Holstein und in Baden-Württemberg haben sich für mehr Online-Behandlungen bereits geöffnet.

dpa

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