Gratwanderung

Off-label use: Keine Leidenslinderung am Lebensende

  • Mittwoch, 22. Dezember 2010

Die häusliche Versorgung von Sterbenden hat sich bereits deutlich verbessert. Doch Ärzte und Pfleger stoßen immer noch auf zahlreiche Probleme. Ein Problem, auf das jetzt mehrere Palliativmediziner aufmerksam machten, ist die undurchschaubare Rechtslage bei der Verordnung von Medikamenten im off-label-use.

Nach einem Gerichtsurteil vom 6. Dezember 2005 (sogenanntes Nikolausurteil) müssen Krankenkassen den off-label-use bezahlen, wenn es sich um eine lebensbedrohliche oder tödlich verlaufende Krankheit handelt, oder wenn es keine Standardbehandlung gibt.

Off-label-Medikamente dürfen auch verordnet werden, wenn „eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch die Behandlungsmethode besteht“. Und genau dieses letzte Kriterium sorgt regelmäßig für Streit mit den Krankenkassen.

Denn Gerichte fordern immer wieder zur Erfüllung dieses Kriteriums, dass die Pharmaindustrie abgeschlossene Arzneimittelstudien durchführt. Doch diese sind den Pharmafirmen bei den teilweise kurzen Behandlungszeiten offenbar zu teuer.

Die Folge ist eine für Schwerstkranke oft unerträgliche Situation. Noch grotesker ist nach Angaben der Deutschen Palliativ Stiftung die Lage bei den sogenannten Betäubungsmitteln, zu denen Morphin und andere stark wirkende Schmerzmittel gehören.

Der Arzt macht sich nämlich strafbar, wenn er Patienten mit Medikamenten gegen Erstickungsgefühle versorgt. Da stellt Thomas Sitte von der Deutschen Palliativ Stiftung die berechtigte Frage: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Was hat es mit Würde zu tun, wenn Ärzte Erstickungsgefühle, Vernichtungsschmerzen oder schlimmstes Erbrechen bei Sterbenden nicht mehr lindern dürfen, weil sie damit gegen geltendes Recht in Deutschland verstoßen?“

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