Medizin

Omnipräsenz der Medizin vermindert subjektives Gesundheitsempfinden

  • Dienstag, 24. März 2015
Uploaded: 24.03.2015 14:09:01 by mis
dpa

Athens – Das rasante Anwachsen des medizinischen Sektors könnte dafür sorgen, dass Patienten sich zunehmend ungesünder fühlen. Davon geht zumindest Hui Zeng, Juniorprofessor für Soziologie, an der Ohio University aus. In Social Science Research berichten er mit seiner Arbeitsgruppe über eine Abnahme des Gesundheitsgefühls in den OECD-Ländern (doi:10.1016/j.ssresearch.2015.01.006).

Bis in die siebziger Jahre waren es Ärzte, die darüber entschieden, ob ein Patient gesund ist oder nicht. Innerhalb der letzten 50 Jahre hätten der Zugang zu medizinischen Informationen, der Ausbau des Gesundheitssystems und der Zugang zur medizinischen Versorgung kontinuierlich zugenommen, so Zeng. Neuere Studien würden darauf hinweisen, dass das Gesundheitsempfinden der meisten Patienten hingegen abnehme. Die Forscher wollten mit ihrer Studie näher untersuchen, ob die wachsende Gesund­heits­industrie kausal mit dem hypothetischen schlechteren Gesundheitsempfinden zusammenhängt. 

Die Forscher werteten Daten aus, die zwischen 1981 und 2007 in 28 verschiedenen OECD-Ländern im Rahmen verschiedener Befragungen erhoben wurden. Die Teil­nehmer der Befragungen bewerteten ihre eigene Gesundheit auf einer Skala von eins bis fünf.

Die Wissenschaftler analysierten darüber hinaus, inwiefern drei Hauptfaktoren des Gesundheitssystems, nämlich die pro Kopf Ausgaben für Medizin, die Zunahme von Ärzten und Spezialisten im Allgemeinen und das Wachstum der pharmazeutischen Industrie, sich auf dieses Empfinden auswirken. Sie entwarfen ein Rechenmodell, mit Hilfe dessen sie verschiedene Einflussfaktoren auf das Gesundheitsempfinden simulieren konnten. Sie berücksichtigten hierbei den sozioökonomischen Status, Familienstand und die Lebenserwartung der Befragten.

Die Arbeitsgruppe stellte fest, dass das Anwachsen der drei Hauptfaktoren jeweils zu einer Verschlechterung des Gesundheitsempfindens beigetragen habe. Eine verbesserte Früherkennung, jedoch auch Überdiagnostik und hohe Erwartungs­haltungen an die Medizin könnten nach Ansicht der Wissenschaftler zu dieser Entwicklung geführt haben. Das schlechte Gesundheitsempfinden der Teilnehmer erhöhe zudem kontinuierlich die Nachfrage nach medizinischer Versorgung, so die Forscher.

hil

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung