Organspende: Neue Entscheidungshilfe für Ärzte bei intensivmedizinischem Behandlungsbedarf

Berlin – Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) hat ein Positionspapier erarbeitet, um Ärzte beim Thema Organspende und erweitertem intensivmedizinischen Behandlungsbedarf zu unterstützen.
„Wir arbeiten an der Schnittstelle von würdevoller Begleitung am Lebensende und einer erweiterten Behandlung zum bestmöglichen Schutz der Organe. Für den richtigen Umgang mit dieser Situation haben wir jetzt dringend notwendige Handlungsempfehlungen erarbeitet“, sagte der DIVI-Präsident Uwe Janssens, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler.
Konflikte treten der DIVI zufolge dann auf, wenn Organfunktionen eines verstorbenen Patienten intensivmedizinisch aufrechterhalten werden, dies dem Verstorbenen aber nicht mehr nützt. Anders formuliert geht es um die Entscheidung zwischen einer Therapiebegrenzung samt Zulassen des Sterbens auf der einen Seite oder einer Therapieausweitung zur Erhaltung der Organe für die Organspende auf der anderen Seite.
Für die Entscheidung sind laut den Intensivmedizinern fünf Fragestellungen entscheidend: Liegt ein nachgewiesener, vermuteter oder erwarteter irreversibler Hirnfunktionsausfall vor? Äußerte der Patient einen Organspendewunsch? Erklärte der Patient seinen Willen zur Therapiebegrenzung? Wie hoch ist die Eingriffsintensität der erweiterten Behandlungsmaßnahmen? Wie wahrscheinlich ist der Erfolg einer organprotektiven Therapie?
Auf Basis dieser Dimensionen können Ärzte beziehungsweise das Behandlungsteam laut der DIVI in der Gesamtbewertung eine reflektierte Entscheidung finden. „Befinden sich alle Ausprägungsgrade in den äußeren Segmenten des von uns entwickelten Netzdiagramms, erscheint eine Fortführung oder Erweiterung intensivmedizinischer Maßnahmen zur Realisierung einer Organspende ethisch gerechtfertigt, wenn nicht sogar geboten“, erläutert Janssens.
Andersherum könne bei einem ausdrücklichen Patientenwillen zur Therapiebegrenzung im Zusammenspiel mit den anderen Dimensionen auch ein Sterben des Patienten leichter zugelassen werden, so der DIVI-Präsident.
Die Fachgesellschaft betonte jedoch, das Behandlungsteam sollte nicht allein das Netzdiagramm zur Entscheidungsfindung heranziehen, sondern auch juristische Stellvertreter und Angehörige einbeziehen. So sei ein begründeter Konsens im Sinne aller Beteiligten zu erreichen.
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