Palbociclib-Therapie beim fortgeschrittenen Mammakarzinom laut IQWiG ohne Vorteile

Köln − Postmenopausale Frauen mit einem fortgeschrittenen Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Mammakarzinom profitieren nach Angaben des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nicht von einer Erstlinientherapie mit Palbociclib. Im Gegenteil würde die Therapie eher schaden als nützen.
In einer erneuten Bewertung sieht das Institut den Nutzen der Therapie mit dem CDK4/6-Inhibitor in Kombination mit dem Aromatasehemmer Letrozol als geringer an als den Nutzen der zweckmäßigen Vergleichstherapie, in diesem Fall Letrozol. Eine erste Nutzenbewertung durch das IQWiG war 2017 erfolgt – mit einem vergleichbaren Ergebnis.
Darauf aufbauend hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G‑BA) über den Zusatznutzen entschieden. Allerdings war dieser Beschluss aufgrund der Vorläufigkeit der Daten aus der randomisierten kontrollierten Studie (RCT) PALOMA-2 befristet. Nun hat der Hersteller ein neues Dossier eingereicht, mit Ergebnissen für den finalen Datenschnitt der PALOMA-2-Studie und zusätzlich Ergebnissen der noch laufenden RCT PALOMA-4.
Basierend auf diesen aktuelleren Daten hat das IQWiG den Nutzen des CDK4/6-Inhibitors erneut analysiert. In beide Studien waren postmenopausale Frauen mit einem fortgeschrittenen Hormonrezeptor-positivem (HR+) /HER2-negativem (HER2-) Mammakarzinom eingeschlossen worden, die entweder Palbociclib oder Placebo jeweils in Kombination mit Letrozol erhielten.
Hinsichtlich des Gesamtüberlebens unterschieden sich die Palbociclib- und Placebo-Studienarme nicht signifikant. Dem Bericht des IQWiG zufolge traten aber unter Palbociclib schwere unerwünschte Ereignisse deutlich häufiger auf als unter Placebo. Das galt auch für Therapieabbrüche. Zu den schweren unerwünschten Ereignissen, die unter Palbociclib vermehrt vorkamen, gehörte zum Beispiel eine Neutropenie beziehungsweise eine reduzierte Neutrophilenzahl.
„In der Gesamtschau ergeben sich ausschließlich negative Effekte für Palbociclib plus Letrozol im Vergleich zu Letrozol“, schreibt das IQWiG. Vor allem bei den schweren Nebenwirkungen würden sich „Belege für einen höheren Schaden von erheblichem Ausmaß“ zeigen.
„Selten ist die Lage so klar“, sagte daher Katrin Nink, IQWiG-Ressort Arzneimittelbewertung. „Wenn wir uns aber die Überlebenskurven aus den beiden Studien ansehen, so verlaufen der Palbociclib- und der Placebo-Arm auf ganzer Länge fast deckungsgleich. Das bestätigt unsere anfängliche Skepsis: Ein früh beobachteter positiver Effekt beim sogenannten progressionsfreien Überleben ist hier, wie so oft, leider kein guter Indikator dafür, dass die erkrankten Frauen merklich länger leben werden.“
Andreas Hartkopf, Fachvertreter der Deutschen Gesellschaft für Senologie und Leiter der Abteilung Konservative Gynäkologische Onkologie am Universitätsklinikum Ulm, sagt dagegen auf Anfrage des Deutschen Ärzteblatts: „Für die Behandlung von HR+/HER2- metastasiertem Brustkrebs zeigt sich eine signifikante und klinisch relevante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens.“ Darüber hinaus verzögere sich der Einsatz einer Chemotherapie. Die Substanz sei gut verträglich, der eindeutige Zusatznutzen hebe sich nicht auf.
Ähnlich wie Palbociclib würden auch andere CDK4/6-Inhibitoren eine klinisch relevante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens bei guter Verträglichkeit zeigen. „Der Einsatz eines CDK4/6-Inhibitors in der ersten Therapielinie des HR+/HER2- Mammakarzinoms ist daher klinischer Standard und wird in nationalen und internationalen Leitlinien empfohlen“, betont Hartkopf.
Allerdings habe sich bislang nur für Ribociclib eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens nachweisen lassen. Zudem würden sich das Nebenwirkungsprofil der verfügbaren CDK4/6-Inhibitoren unterscheiden, was die Wahl des CDK4/6-Inhibitors beeinflussen kann.
Im nächsten Schritt wird der G-BA erneut über den Zusatznutzen von Palbociclib in Kombination mit Letrozol als Erstlinientherapie des HR+/HER2- fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinoms entscheiden.
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