Ärzteschaft

Pandemie: Zentralinstitut entwickelt Zwei-Indika­toren-Modell

  • Mittwoch, 13. Mai 2020
Coronavirus (rot) auf dem Hintergrund einer Weltkarte, auf der China rot markiert ist./ Naeblys, stock.adobe.com
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Berlin – Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) setzt beim Monitoring der Coronapandemie und der Abschätzung des Handlungsbedarfs auf länderspezifische Kennzahlen.

„Die Fixierung auf eine täglich aktualisierte Reproduktionszahl R greift beim aktuellen Pandemieverlauf zu kurz. Der R-Wert ist bei niedrigen Infektionszahlen schwer zu inter­pretieren, da er stark auf kleine Veränderungen in der Zahl der Neuinfektionen reagiert“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried.

Die Bund-Länder-Konferenz zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie hat am 6. Mai 2020 beschlossen, „dass in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit kumulativ mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb der letzten sieben Tage sofort ein konsequentes Beschränkungskonzept unter Einbeziehung der zuständigen Landesbehör­den umgesetzt“ werden muss.

Diese Zahl von 50 pro 100.000 reicht laut Zi aber nicht aus. Das Institut hat daher ein Mo­dell entwickelt, das zwei Kennzahlen für das Pandemiemanagement der Länder ent­hält: eine länderspezifische Belastungsgrenze des Gesundheitswesens und die sich da­raus bei steigenden Fallzahlen ergebende Vorwarnzeit bis zum Erreichen dieser Belas­tungsgrenze. Beide Zahlen zusammen sollen bei der Bewertung helfen, wie dringlich weitergehende Maßnahmen gegen die Pandemie sind und sie gegenüber Grundrechts­einschränkungen abzuwägen.

Im Zi-Modell errechnet sich die länderspezifische Belastungsgrenze aus den für die Ver­sorgung von COVID-19-Patienten verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungsplätzen (25 Prozent aller registrierten Intensivplätze) dem Anteil der intensivmedizinisch behand­lungspflichtigen COVID-19-Patienten an allen gemeldeten Infektionsfällen (fünf Prozent), und der mittleren Behandlungsdauer der COVID-19-Patienten auf Intensivstationen (zehn Tage).

Je höher die länderspezifische Belastungsgrenze durch die Interventionsgrenze von 50 pro 100.000 ausgeschöpft ist, desto kürzer ist die verbleibende Zeit bis zum Erreichen der Belastungsgrenze bezogen auf die im jeweiligen Bundesland verfügbaren intensivmedizi­nischen Ressourcen.

Die Vorwarnzeit ist nach dieser Berechnung in Baden Württemberg mit 22 Tagen am kür­zesten, im Saarland mit 46 Tagen am längsten. Von diesen Zeiten zieht das Zi in seinem Modell pauschal 21 Tage ab, um Zeitverluste bis zum Wirksamwerden von Maßnahmen einzubeziehen. Die verbleibende sogenannte effektive Vorwarnzeit beträgt danach in ei­nigen Bundesländern zwei bis drei Wochen, in anderen nur noch ein bis drei Tage.

„Um Maßnahmen, die mit tiefgreifenden Einschränkungen für die Bevölkerung einherge­hen, abzuwägen, braucht es klare, epidemiologisch fundierte Grenzwerte, die der Politik einen sicheren Kompass beim Pandemie-Management an die Hand gibt, um eine drohen­de Überlastung des Gesundheitswesens auszuschließen, wenn die Neuinfektionen wieder ansteigen sollten“, hieß es aus dem Zi.

hil

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