Parkinson: Wie die Ausbreitung im Gehirn gestoppt werden könnte
Baltimore – Die Ausbreitung von Alpha-Synuclein im Gehirn, zu der es laut einer Prion-Hypothese im Verlauf des Morbus Parkinson kommt, könnte laut einer Studie in Science (2016; doi: 10.1126/science.aah3374) durch Behandlung mit Antikörper gegen einen Rezeptor gestoppt werden, die derzeit zur Behandlung von Krebserkrankungen klinisch erprobt werden.
Beim Morbus Parkinson kommt es zu Ablagerungen in den Nervenzellen, die das Protein Alpha-Synuclein enthalten und als Lewy-Körperchen bezeichnet werden. Ihre Bedeutung für das Krankheitsgeschehen ist nicht ganz klar. Eine neue Prionen-Hypothese des Morbus Parkinson sieht die Alpha-Synuclein-Aggregate jedoch als Auslöser der Erkrankung. Sie vermutet, dass die pathologischen Eiweiße sich im Verlauf der Erkrankung im Gehirn ausbreiten. Dies setzt aber voraus, dass die pathologischen Eiweiße von benachbarten Nervenzellen aufgenommen werden.
Dazu müssen sie eine Zellmembran überwinden. Wie die pathologischen Alpha-Synuclein-Aggregate dies schaffen, war bislang unbekannt. Ein Team um Ted Dawson von der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore hat deshalb eine systematische Suche unternommen. Dazu wurde eine Tumorzelllinie, die normalerweise kein Alpha-Synuclein aufnimmt, in einer Serie von Versuchen mit verschiedenen Rezeptoren ausgestattet. Drei unterschiedliche Rezeptoren ermöglichten die Aufnahme von Alpha-Synuclein in die Nervenzellen. Die pathologischen Alpha-Synuclein-Aggregate scheinen dabei einen Rezeptor zu bevorzugen: Die Bindung an das Protein LAG-3 veranlasst die Endozytose der Aggregate.
Experimente an Mäusen bestätigten die Bedeutung von LAG-3. Bei den Tieren kann durch Injektion von Alpha-Synuclein eine Parkinson-Erkrankung ausgelöst werden. Mäuse, denen das Gen für LAG-3 fehlt, waren jedoch vor einem Ausbruch der Erkrankung geschützt. Eine ähnliche protektive Wirkung erzielte eine Behandlung mit monoklonalen Antikörpern, die an LAG-3 binden.
Einige dieser Antikörper befinden sich laut Dawson derzeit als Krebsmedikament in der klinischen Entwicklung. LAG-3 – die Abkürzung steht für „Lymphocyte-activation gene 3“ – hat eine wichtige Rolle in der Immunabwehr. Es gehört zu den sogenannten Checkpoint-Inhibitoren, über die Tumoren die Immunantwort bremsen. Antikörper, die LAG-3 ausschalten, könnten deshalb die körpereigene Krebsabwehr aktivieren.
Sofern sie sich in den klinischen Studien bei Krebspatienten als sicher erweisen sollten, könnten die Antikörper demnächst auch bei Patienten mit Morbus Parkinson erprobt werden. Im besten Fall würden sie die Ausbreitung der Lewy-Körperchen und damit auch das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen. Dies wäre nicht nur ein Gewinn für die Patienten. Die erfolgreiche Behandlung würde letztlich auch die Prion-Hypothese bestätigen.
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