Patienten bei Erstellung gastroenterologischer Leitlinien kaum vertreten
Stuttgart – Bei 99 von 100 Leitlinien zur endoskopischen Untersuchung des Magen-Darm-Bereiches sind Patienten nicht oder nur kaum beteiligt. Das kritisiert eine Arbeitsgruppe um Mário Dinis-Ribeiro von der Universität Porto in der Zeitschrift Endoscopy (DOI 10.1055/s-0034-1365394).
Verschiedenen Fachgesellschaften für Gastroenterologie aus Nordamerika und Europa haben in den vergangenen Jahren Behandlungsstandards in Leitlinien festgelegt. Die Bandbreite der Empfehlungen reicht von Vorsorgemaßnahmen bis zur Behandlung des Verdauungstraktes. Die Wissenschaftler untersuchten 100 Leitlinien nach dem sogenannten AGREE-II-Instrument.
Das ist eine Checkliste zur Qualitätsbeurteilung von Leitlinien, die 2003 von einer internationalen Forschergruppe entwickelt wurde und mittlerweile in der zweiten Auflage vorliegt. AGREE II umfasst 23 Einzelpunkte zum Gegenstand der Leitlinie, den beteiligten Gruppen, der Leitlinienentwicklung, der Klarheit der Darstellung, der Anwendbarkeit und der Unabhängigkeit der Leitlinienautoren.
In Zukunft sollten die Werte und Wünsche der Patienten, denen eine bestimmte Behandlung empfohlen wird, viel stärker berücksichtigt werden, so Dinis-Ribeiro. Außerdem fehle es in 86 Prozent der Leitlinien an Verweisen auf Handbücher und schrittweisen Anweisungen für die medizinische Praxis, beklagen die Forscher, die zudem in 94 Prozent der Leitlinien Angaben zum Fälligkeitsdatum oder zu den vorgesehenen späteren Überprüfungen vermissten.
Gleichwohl bewiesen die Autoren der Leitlinien laut der Arbeitsgruppe auch Sorgfalt: Die Vorteile, Nebenwirkungen und Risiken wurden von 93 Prozent der Leitlinien gut angeben. Auch die Empfehlungen wurden von 76 Prozent der Leitlinien klar und unmissverständlich formuliert. Ebenfalls vorbildlich waren die Angaben zur Finanzierung der Leitlinie und den sich daraus ergebenden möglichen Interessenkonflikten. Diesen Punkt erfüllten mit 98 Prozent fast alle Leitlinien gut.
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