PCI: Medikamente beugen akutem Nierenversagen nicht vor
Pittsburgh – Die Infusion von Natriumhydrogencarbonat oder die orale Gabe von Acetylcystein, die bei einer perkutanen koronaren Intervention (PCI) eine Schädigung der Nieren durch das Kontrastmittel verhindern sollen, haben in einer randomisierten klinischen Studie keine Schutzwirkung erzielt, wie die auf der Jahrestagung der American Heart Association in Anaheim/Kalifornien vorgestellten und im New England Journal of Medicine (2017; doi: 10.1056/NEJMoa1710933) publizierten Ergebnisse zeigen.
Die radiologische Darstellung der Koronarien erfordert die Gabe eines jodhaltigen Kontrastmittels, das über die Nieren ausgeschieden wird. Bei Patienten mit vorgeschädigten Nieren ist Vorsicht geboten. In seltenen Fällen kann es zu einem Nierenversagen und sogar zum Tod des Patienten kommen. An den meisten Zentren erhalten die Patienten zur Vorbeugung zwei Medikamente. Die Infusion von Natriumhydrogencarbonat soll durch eine Alkalisierung des Harns die Eliminierung des Kontrastmittels fördern. Acetylcystein soll als Antioxidans eine Schädigung des Nierenparenchyms verhindern.
Die Evidenz der beiden präventiven Maßnahmen ist begrenzt. Die Studien waren zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen und der Erkenntnisgewinn aus Metaanalysen war begrenzt.
Die US-Veteranenbehörde und der australische Medical Research Council haben deshalb 2013 die PRESERVE-Studie („Prevention of Serious Adverse Events Following Angiography“) begonnen, die den Nutzen der beiden Maßnahmen abschließend klären sollte. An 53 Zentren in den USA, Australien, Malaysia und Neuseeland sollten insgesamt 7.680 Patienten in einem „2-by-2“-Design auf die Behandlung oder Placebo randomisiert werden.
Nach dem Einschluss von 5.177 Patienten wurde die Studie kürzlich vorzeitig gestoppt. Wie das Team um Steven Weisbord vom Veterans Affairs Pittsburgh Healthcare System mitteilt, konnte für keine der beiden Maßnahmen ein Nutzen ermittelt werden.
Der primäre Endpunkt, ein Composite aus Tod, Dialyse oder einem anhaltenden Anstieg des Serumkreatininspiegels um mindestens 50 Prozent, konnte weder durch die Infusion von Natriumhydrogencarbonat noch durch die orale Gabe von Acetylcystein verhindert werden.
Die Teilnehmer hatten ein erhöhtes Risiko auf ein Nierenversagen, weil die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate auf unter 45 ml/min/1,73 m2 Körperoberfläche abgefallen war. Patienten mit Diabetes mellitus (80 Prozent der Kohorte) wurden bereits ab einem Abfall auf 60 ml/min in die Studie aufgenommen.
Am Ende kam es bei etwa 9 Prozent der Teilnehmer zu einer Nierenschädigung, 2,5 Prozent waren in den ersten 90 Tagen gestorben und 1,3 Prozent noch an der Dialyse. Der primäre Endpunkt war insgesamt bei 4,6 Prozent der Teilnehmer aufgetreten.
Ein Vorteil für die Natriumchloridgabe war bei einer Odds Ratio von 0,93 nicht erkennbar, und bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,72 bis 1,22 war es unwahrscheinlich, dass ein erheblicher Nutzen übersehen wurde. Ähnliches trifft auf die Gabe von Acetylcystein zu, für die Weisbord und Mitarbeiter eine Odds Ratio von 1,02 (0,78–1,33) ermittelten. Für beide Empfehlungen besteht nach Ansicht der Forscher keine medizinische Evidenz. Auf Acetylcystein könne verzichtet werden. Statt Natriumhydrogencarbonat sollten die Patienten eine Infusion mit physiologischer Kochsalzlösung erhalten.
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