Politik

Per Kaiserschnitt entbundene Kinder sind anfälliger für Infektionen

  • Montag, 3. Juli 2017
/GordonGrand, stock.adobe.com
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Hamburg – Per Kaiserschnitt entbundene Kinder sind laut Techniker Krankenkasse (TK) anfälliger für Infektionen, insbesondere der Atemorgane. Das geht aus dem Geburten­report der TK hervor. Die Kasse hat dafür 38.857 Datensätzen von Müttern, die im Jahr 2008 entbunden haben, und ihren Kindern analysiert.

„Kaiserschnitte können Leben retten, wenn das Wohl von Mutter und Kind durch eine natürliche Entbindung gefährdet ist. Sie bringen jedoch auch Risiken mit sich, die es sorgfältig abzuwägen gilt – besonders, wenn ein Eingriff nicht zwingend notwendig ist“, sagte Christof Sohn, ärztlicher Direktor der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg.

Fast immer relative Indikationen

Rund 90 Prozent der Schnittentbindungen in Deutschland haben eine relative Indikation. Dazu zählen auch psychisch motivierte Ursachen wie Geburtsangst. Die Krankheitslast der Mütter habe einen großen Einfluss auf die Wahl des Entbin­dungsmodus. „Vor allem von Depressionen betroffene Frauen trauen sich eine natürliche Entbindung oft nicht zu. Auch Übergewicht und chronische Darmer­krankungen verstärken die Geburtsängste und den Wunsch nach einem Kaiserschnitt“, erklärte Stephanie Wallwiener, Oberärztin in der Geburtshilfe an der Uniklinik Heidelberg. Für die Kinder bedeute dies jedoch ein höheres Krankheitsrisiko.

Deutschland liegt mit einer Kaiserschnittrate von 31 Prozent vier Prozent über dem Durchschnitt der Länder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Laut der Analyse senkt eine hohe Kaiserschnittrate die Neuge­borenensterblichkeit nicht. Entsprechende Auswertungen von Daten der Weltgesund­heitsorganisation zeigten für die Schweiz im Jahr 2012 den höchsten Wert mit 3,2 und für Finnland und Schweden mit 1,6 Kindern pro 1.000 Lebendgeburten den niedrigsten Wert.

Länder mit einer Kaiserschnittrate unterhalb des OECD-Durchschnitts hätten eine vergleichbare beziehungsweise sogar niedrigere Neugeborensterblichkeit als Länder, deren Kaiserschnittrate höher als der OECD-Durchschnitt sei. „Die Aussage, dass eine höhere Kaiserschnittrate per se zu einer niedrigeren Neugeborenensterblichkeit führt, kann deshalb durch diese Daten nicht gestützt werden“, so die Heidelberger Autoren der Studie.

Die TK fordert angesichts der Daten ein differenziertes Abwägen bei Schnittent­bindungen. „Je schwächer die medizinische Indikation für den Eingriff, desto umfassender sollten die Schwangeren aufgeklärt werden, damit sie bewusst und gut informiert entscheiden“, sagte Susanne Klein, Leiterin der Entwicklungsabteilung im TK-Versorgungsmanagement. Da sich viele vom Entbindungsmodus oder Geburts­gewicht abhängige Erkrankungen erst in der späteren Kindheit äußern können, hat sich die TK entschieden, die Studie im Rahmen eines internen Forschungsvorhabens fortzuführen.

hil

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