Medizin

Phosphatidylserin als neuer Biomarker bei COVID-19

  • Dienstag, 14. Dezember 2021
/Juan Gärtner, stock.adobe.com
/Juan Gärtner, stock.adobe.com

München – Das Oberflächenmolekül Phosphatidylserin könnte als neuer Biomarker zur Detektion von Patienten mit erhöhten Risiken für thromboinflammatorische Komplikationen dienlich sein.

Eine Infektion mit SARS-CoV-2 geht bei vielen COVID-19-Patienten mit Entzündungsprozessen einher, die auch thrombotische Ereignisse und schwere Lymphopenien begünstigen können.

Thromboinflammatorische Komplikationen sind eine wesentliche Ursache für Morbidität und Mortalität bei COVID-19-Patienten. Obwohl diese Prozesse noch nicht vollständig aufgeklärt sind, scheinen Mechanismen, wie Zytokinsturm, Thrombozytenüberaktivität, Thrombozytopathie (Apoptose) sowie Koagulopathie (Gerinnungsstörungen) beteiligt zu sein.

Phosphatidylserin ist ein Molekül, dass auf der Zelloberfläche biologischer Membranen vorkommt und als Marker für sterbende Zellen (Apoptose) herangezogen werden kann. Um die Bedeutung von Phosphat­idylserin im Verlauf einer COVID-19-Erkrankung abzuschätzen, untersuchten Biomediziner der LMU per Durchflusszytometrie Proben von 54 Patienten aus dem COVID-19-Register der LMU im Vergleich zu 35 gesunden und 12 genesenen Spendern (Journal of Extracellular Vesicles, 2021; DOI: 10.1002/jev2.12173).

Erhöhte Werte von Phosphatidylserin während der aktiven Phase von COVID-19 korrelierten stark mit dem Schweregrad der Erkrankung und könnten perspektivisch als Biomarker, um den Schweregrad von COVID-19 besser einzuschätzen, zum Einsatz kommen.

„Damit könnte Phosphatidylserin als Signalgeber für fehlgeleitete entzündliche Prozesse oder Störungen der Blutgerinnung bei COVID-19 dienen und typische Veränderungen bei COVID-19 triggern“, vermutet der LMU-Wissenschaftler Thomas Brocker vom Biomedizinischen Centrum.

Die Forscher fanden eine unerwartet hohe Anzahl von Blutzellen, die wochenlang nach der 1. COVID-19-Diagnose Phosphatidylserin exprimierten. Wobei die Häufigkeit von Phosphatidylserin stark mit einer zunehmenden Schwere der Erkrankung korreliert war.

„Als Marker übertraf Phosphatidylserin etablierte Labormarker für Entzündungsvorgänge im Körper, für Leukozyten und für Gerinnungsfaktoren, die momentan zur klinischen Bewertung von COVID-19 herangezogen werden“, so die Einschätzung von Brocker.

Phosphatidylserin wurde überwiegend auf aktivierten Immunzellen wie CD8+ T-Zellen nachgewiesen. Phosphatidylserin-positive Immunzellen exprimierten auch das Oberflächenprotein PD-L1 (Programmed cell death ligand 1), welches an der Hemmung von Immunantworten beteiligt ist.

Die Daten deuten auf einen neuartigen Marker zur Klassifizierung für die Schwere einer COVID-Erkrankung hin. Aufgrund seiner einfachen Nachweisbarkeit per Durchflusszytometrie und der hohen Anzahl von Phosphatidylserin-positiven Zellen bei COVID-19 könnte ein Phosphatidylserinnachweis auch bei anderen Infektionskrankheiten und Sepsis ein geeigneter Biomarker sein, schlussfolgern die Studienautoren.

cw

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung