PhysioDirect: Physiotherapie via Telefon
Bristol – Die langen Wartezeiten der Patienten haben britische Physiotherapeuten veranlasst, ihre Dienste auch per Telefon anzubieten. Eine randomisierte klinische Studie im Britischen Ärzteblatt (BMJ 2013; 346: f43) zeigt, dass eine Beratung viele Therapiesitzungen ersetzen kann - mit vergleichbar guten Ergebnissen.
In England stellten die Hausärzte jedes Jahr 1,23 Millionen Rezepte für eine Physiotherapie aus. Wartezeiten von einem Monat oder länger sind keine Seltenheit. Am Ende nehmen viele Patienten ihre Termine gar nicht wahr. Dies hat einige Regionen veranlasst, den Patienten ein telefonisches Vorgespräch mit dem Physiotherapeuten anzubieten. Diese Termine sind in der Regel kurzfristig möglich.
Sie sind auch eine Gelegenheit, den Patienten Ratschläge zur Selbsthilfe zu geben. Die Einrichtungen sind nach Auskunft von Chris Salisbury von der Universität Bristol bei Patienten und Physiotherapeuten beliebt. Ein günstiger Nebeneffekt besteht in der Verkürzung der Wartezeiten. Denn nicht selten führt das Telefonat zu dem Ergebnis, dass ein Termin in der Praxis gar nicht notwendig ist, weil die Patienten am Telefon und durch die Zusendung von Informationsmaterial erfolgreich zur Selbsthilfe angewiesen werden können.
Die Ergebnisse einer randomisierten Studie, die Salisbury und Mitarbeiter an 2.256 erwachsenen Patienten mit verschiedenen Beschwerden des Bewegungsapparates durchgeführt haben, unterstreicht diesen Eindruck. Die Patienten waren im Verhältnis 2 zu 1 auf den PhysioDirect-Dienst oder die konventionelle Physiotherapie gelost worden. Im PhysioDirect-Arm hatten sie nach median 7 Tagen den ersten persönlichen Kontakt zum Physiotherapeuten. Im konventionellen Physiotherapie mussten sie median 34 Tage warten. Vielen war das zu lang.
Die Hälfte der Patienten nahm keinen einzigen Termin beim Physiotherapeuten war. Im PhysioDirect-Arm betrug diese Nicht-Teilnehmerrate nur 19 Prozent. Aber auch im PhysioDirect-Arm bekamen nur etwa die Hälfte der Patienten die Physiotherapeuten zu Gesicht. Bei den anderen beschränkte sich die Therapie allein durch eine telefonische Beratung. Und die Patienten, die im PhysioDirect-Arm einen direkten Kontakt zum Physiotherapeuten benötigten, konnten nach weniger Therapiesitzungen (1,91 versus 3,11) wieder entlassen werden.
Am Ende waren die Teilnehmer beider Gruppen in etwa gleich zufrieden mit den Ergebnissen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Nicht-Teilnehmer, die sich vielleicht aus Frustration über die Wartezeiten abgewendet hatten, nicht befragt werden konnten. Salisbury ist zuversichtlich, dass PhysioDirect auch langfristig gleich gute Ergebnisse erzielt.
Die Patienten gaben in den Befragungen nach 6 Wochen und 6 Monaten nicht mehr Krankheitstage an als im konventionellen Physiotherapie-Arm, und auch in den Antworten zum Short Form Gesundheitsfragebogen (SF36) fand Salisbury keine Hinweise, dass die Lebensqualität gelitten hätte.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: