Medizin

Plötzlicher Säuglingstod: Einige Säuglinge haben erhöhte Serotonin-Spiegel im Blut

  • Mittwoch, 5. Juli 2017
Rafael Ben-Ari - stock.adobe.com
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Boston - Etwa ein Drittel aller Kinder, die im ersten Lebensjahr aus unerklärlicher Ursache sterben, haben erhöhte Serotonin-Konzentrationen im Blut. Dies ergab eine US-Studie in den Proceedings of the National Academy of Sciences (2017; doi: 10.1073/pnas.1617374114), die die Serotonin-Hypothese zur Ursache des plötzlichen Säuglingstods (SIDS) stützt und auf eine mögliche Früherkennung hinweist.

Die Ursache von SIDS („sudden infant death syndrome") ist unbekannt. Zu den Erklärungsversuchen gehört eine gestörte Serotonin-Homöostase im Gehirn. Serotonin ist ein wichtiger Neurotransmitter in der Medulla oblongata, dem Ort des Atemzentrums. Störungen an dieser Stelle könnten plausibel erklären, warum die Kinder ohne Zeichen einer Gewaltanwendung nachts in ihrem Bett sterben (wobei die bekannten Risikofaktoren wie Rauchen der Eltern, Schlafen in Bauchlage, Zudecken des Kopfes oder ungenügende Luftzirkulation im Schlafzimmer den letzten Anstoß geben könnten).

Die Anomalitäten waren zuerst 2006 von der amerikanischen Neuropathologin Hannah Kinney von der Kinderklinik Boston entdeckt worden. Jetzt liefert ihre Gruppe ein weiteres wichtiges Indiz: Neunzehn von 61 Kindern, die am SIDS gestorben waren, hatten Serotonin-Konzentrationen im Blut, die mehr als zwei Standardabweichungen höher waren als in einer Kontrollgruppe von Kindern, die im gleichen Alter aus anderen bekannten Gründen gestorben waren. Die Herkunft des Serotonins ist unklar.

Robin Haynes von der Kinderklinik Boston und Mitarbeiter halten es aber für möglich, dass es aus dem Gehirn stammt. Etwa 95 Prozent des Serotonins im Blut werde in Thrombozyten gespeichert, schreiben sie. Die Thrombozyten könnten den im Gehirn gebildeten Neurotransmitter aufgesaugt haben, was die erhöhen Blutkonzentrationen erklären würde.

Die neue Entdeckung könnte theoretisch zur Entwicklung eines Bluttests führen, mit dem Säuglinge mit einem erhöhten SIDS-Risiko identifiziert werden könnten. Ob eine Früherkennung möglich ist, müsste jetzt in Studien untersucht werden.

rme

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