Politik

Politik hat laut Spahn aus Pandemieerfahrungen gelernt

  • Dienstag, 15. Juni 2021
/picture alliance, Michael Kappeler
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Berlin – Einen Dank an alle in der Gesundheitsversorgung Tätigen sprach Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) heute im Rahmen der Eröffnung des „Hauptstadtkongress 2021 – Medizin und Gesundheit“ aus. Diese seien bei der Coronapandemiebekämpfung oft an ihre Belastungsgrenzen, oder sogar darüber hinweg, gegangen. Politisch habe man aus den im Verlaufe der Pandemie gesammelten Erfahrungen bereits Schlüsse gezogen und Verbesserungen auf den Weg gebracht.

Spahn verwies in seiner Videobotschaft hierzu auf Optimierungen der digitalen Meldewege, die eingeleitete Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) sowie die Bestrebungen, auf europäischer Ebene unabhängiger – beispielsweise bei Schutzausrüstungslieferungen – von China zu werden.

Zudem setze man mit dem Ausbau der Digitalisierung des Gesundheitswesens sowie der umfassenden Stärkung der Pflege bereits seit einiger Zeit weitere wichtige Schwerpunkte. Für den Bereich der Pflege zeige sich aktuell der erfreuliche Trend eines Personalzuwachses.

Spahn wies in diesem Zusammenhang auf das jüngst beschlossene Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG), mit dem von der Koalition unter anderem Neuregelungen zur Pflege verknüpft worden waren. Auf die mit der Pandemie einhergehenden Belastungen habe man kurzfristig mit Prämienzahlungen reagiert.

Die gesamte Gesellschaft sehne das Ende der Coronapandemie herbei, so Spahn. Die Voraussetzung dafür sei die umfassende Impfung der Bevölkerung – hier ziehe das Tempo dank „stetig steigender“ Impfstoffliefermengen an.

Europäische Impfstoffverteilung verteidigt

Ebenfalls im Rahmen der Kongresseröffnung äußerten sich die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, und Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) zum gemeinsamen europäischen Weg der Impfstoffverteilung. Sie wolle es sich nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn Deutschland oder andere große europäische Länder einen Alleingang unternommen hätten, betonte von der Leyen. „Das hätte die europäische Einheit zerrissen.“

Von der Leyen räumte allerdings ein, dass die USA und Großbritannien beim Impfen gegen das Coronavirus anfangs schneller gewesen seien. „Es gab Zweifel, dass eine Gemeinschaft aus 27 Mitgliedsstaaten zu langsam sein könnte, um die Krise in den Griff zu bekommen.“ Aber die EU habe den Kurswechsel geschafft – letztendlich zähle, dass die EU einen verlässlichen gemeinsamen Weg aus der Krise gefunden habe.

Mittlerweile seien mehr als 320 Millionen Impfdosen ausgegeben und mehr als 280 Millionen EU-Bürger geimpft worden, so die Kommissionspräsidentin. Bis Ende nächsten Monats werde die EU an ihre Mitgliedsstaaten genügend Impfstoff ausgeliefert haben, um tatsächlich 70 Prozent der Erwachsenen in der Union ein Impfangebot machen zu können. Dazu komme das internationale Engagement bei der Impfstoffverteilung.

Europa stärken

Auch Kanzleramtsminister Braun sagte, wenn Deutschland zuerst für sich gesorgt hätte, wäre ein schwerer Schaden entstanden. Heute lägen die europäischen Länder bei den Impfraten nah beieinander – dies habe den Zusammenhalt gestärkt. Braun warb für den Aufbau einer gemeinsamen europäischen Wertschöpfungskette bei Schutzmaterial und der Produktion von Impfstoffen sowie Medikamenten.

Auch die Dikussion um die Belastung der Intensivstationen in Deutschland kommentierte Braun: „Wer die Belastungen bezweifelt, hat noch nie erlebt, was Belastung für Intensivstationen heißt." Aus eigener Erfahrung in seinem früheren Arbeit als Mediziner wisse er, was Belastungen heißen. Man müsse auch als Medizin kommunizieren, dass trotz 28.000 Intensivbetten in Deutschland nicht 28.000 Menschen parallel in den Betten betreut werden können.

Von der Leyen forderte eine „europäische Gesundheitsunion“. Die Europäische Gemeinschaft sei ursprünglich nicht dafür konzipiert worden, um große Gesundheitskrisen zu bewältigen. Die Coronapandemie habe aber gezeigt, dass ein Virus nicht an Schlagbäumen haltmache.

Als zentrales Thema der Zukunft bezeichnete Braun ein besseres gegenseitiges Verständnis von Politik, Wissenschaft und Medien.

Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, und der Virologe Christian Drosten räumten ein, dass Wissenschaftler zu wenig für öffentliche Kommunikation ausgebildet seien. „Wir machen diese Kommunikation mit den Medien als ein Ehrenamt zusätzlich zu unseren Aufgaben", so Buyx. Zudem müsse die Bevölkerung viel stärker mit den Grundprinzipien von Wissenschaft vertraut gemacht werden.

So müsse es beispielsweise klar sein, dass es zum Selbstverständnis von Wissenschaft gehöre, sich innerhalb der Forschungsprozesse zu korrigieren und neue Erkenntnisse aufzunehmen. Die Debatte und der Widerspruch gehörten zur Arbeit. Aus der Sicht von Buyx hielten die Menschen in Deutschland aber auch Widersprüche in der Diskussion aus, das Vertrauen in die Wissenschaft habe deutlich zugenommen. Sie forderte aber auch, dass die Rolle der Medien stärker in den Blick genommen werden müsse. Hier nehme sie „Überlappungen bis hin zur Desinformation" wahr, die in der Pandemie sowie beim Thema Impfstoffe.

Drosten verwies darauf, dass auch zum weiteren Verlauf der Coronapandemie Prognosen eher „schwierig“ seien. Dies betreffe vor allem die Effektivität der Impfungen bei Coronavarianten. Die Delta-Variante veranschauliche, dass die Impfstoffhersteller ihre Vakzine möglichst zeitnah „updaten“ sollten.

aha/bee/kna

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