Politik und Kirche kritisieren Ja zu Sterbehilfe für Kinder
Berlin/Bonn – Vertreter von Kirche und Politik haben die Entscheidung des belgischen Parlaments für eine Ausweitung der aktiven Sterbehilfe auf Kinder kritisiert. Eine gesellschaftliche „Bankrotterklärung“ nannte der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Brand, der in der Unionsfraktion die Diskussion über ein Sterbehilfe-Verbot koordiniert, die Entscheidung in der Welt vom Freitag. Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) sprach von einem „verantwortungslosen Tabubruch“. In Deutschland dürfe es eine solche Entwicklung nicht geben. Huml plädierte für eine klare Absage an eine aktive Sterbehilfe auch bei Erwachsenen. Stattdessen müssten Hospizversorgung und Palliativmedizin ausgebaut werden.
Belgiens Abgeordnetenkammer hatte gestern dem umstrittenen Gesetz zur Sterbehilfe für Minderjährige zugestimmt. Damit sollen auch unheilbar kranke Kinder aktive Sterbehilfe bekommen können, wenn sie das ausdrücklich verlangen und zu einer Einschätzung in der Lage sind. Zudem muss der Wunsch des Kindes durch mehrere Experten bestätigt werden; auch die Eltern müssen der Entscheidung zustimmen.
Der Ausburger katholische Weihbischof Anton Losinger sprach heute von einem „ungeheuren Einbruch in die Kultur des Lebens mitten auf europäischem Boden“. Die christliche Aufgabe müsse darin bestehen, nicht Hilfe beim Sterben, sondern Hilfe zum Leben bereitzustellen. „Es geht um die letzte, vielleicht wichtigste Lebensphase, die ein Mensch in freiheitlicher und liebevoll begleiteter Umgebung verbringen können soll“, betonte der Weihbischof, der Mitglied im Deutschen Ethikrat ist.
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) forderte wie Bayerns Ministerin Huml einen massiven Ausbau der Palliativmedizin. „Die Palliativmedizin in Verbindung mit der Hospizbegleitung muss von der heutigen Randexistenz in das Zentrum der Gesundheitspolitik kommen“, sagte ZdK-Präsident Alois Glück in Bonn.
Glück appellierte an die Bundestagsparteien, nicht nur fraktionsübergreifend die notwendigen gesetzlichen Regelungen für ein Verbot der organisierten Sterbehilfe zu beschließen, sondern ebenso den Ausbau der Palliativmedizin. Nur so könne auf die in Umfragen hohe Zustimmung zur aktiven Sterbehilfe reagiert werden.
Der Deutsche Hospiz- und Palliativverband (DHPV) verurteilte das neue belgische Gesetz als „skandalös“ und als „Entscheidung gegen die Schwächsten in der Gesellschaft“. Sie widerspreche „jeglicher Vorstellung von Mitmenschlichkeit“, sagte DHPV-Geschäftsführer Benno Bolze in Berlin: „Gerade Kinder brauchen einen besonderen Schutz, wenn sie krank sind. Die Tötung eines Kindes kann hier niemals die Lösung sein.“
Der Deutsche Kinderhospiz-Verein erklärte, gerade die Hospizarbeit für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zeige, wie lebensverkürzend erkrankte Menschen solidarisch und in mitmenschlicher Weise begleitet werden könnten. Und die Erfolge der Palliativmedizin belegten, wie man dieses Leben schmerzfrei gestalten könne.
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