Politiker kritisieren inflationäre ADHS-Diagnose

Frankfurt – Gesundheitspolitiker von Union und Grünen beklagen, dass Hunderttausende Kinder aufgrund voreiliger Diagnosen mit Medikamenten angepasst und ruhiggestellt werden. Die Bundestagsabgeordnete Stefanie Vogelsang (CDU) sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.), man dürfe nicht länger wegschauen, wenn das Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) inflationär zur Erklärung von Schulversagen herangezogen werde.
„Das Streben nach Leistung darf nicht durch Medikamente unterstützt werden“, sagte Vogelsang. An Kinder würden Maßstäbe angelegt, die nicht passten. Mit ADHS werde oft ein „Krankheitsbild zur Schadensbegrenzung“ herangezogen, wenn die Zeit fehle, sich mit unangepassten Kindern zu beschäftigen. Kindern mit diagnostiziertem ADHS wird oft Methylphenidat (MPH) verabreicht, in der Regel in Form des Medikaments Ritalin.
Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Jens Spahn, bezeichnete die Entwicklung als „insgesamt bedenklich“. Er forderte, das Thema „in Form eines Expertengesprächs im Gesundheitsausschuss zu diskutieren“. Harald Terpe, Obmann der Grünen im Gesundheitsausschuss des Bundestages, sagte der F.A.S.: „Der enorme Anstieg von MPH-Verordnungen in den vergangenen Jahren lässt sich rein medizinisch nicht erklären.“
Terpe warnte, dass mit der Verschreibung von Ritalin „im Einzelfall auch ein nicht erwünschtes Verhalten wegtherapiert“ werden solle. Die pharmazeutische Industrie unterstütze die Bedürfnisse einer Gesellschaft, in der Kinder unter erheblichem Erwartungsdruck stehen, „indem sie MPH als schnelle und einfache Lösung bewirbt und die erheblichen Risiken verschweigt“.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: