Prävention als integraler Bestandteil ärztlicher Tätigkeit

Düsseldorf – „Prävention ist keine eigene medizinische Disziplin, sondern ein integraler Bestandteil ärztlicher Tätigkeit.“ Nachdrücklich wird in dem vom 117. Deutschen Ärztetag mit großer Mehrheit angenommenen Leitantrag zum Thema Prävention darauf verwiesen, dass Ärztinnen und Ärzte in der Gesundheitsförderung und Prävention eine zentrale Position einnehmen. Neben der Diagnostik und der Therapie müsse künftig der Prävention aber ein noch höherer Stellenwert eingeräumt werden.
Der Weg dorthin werde allerdings noch durch Hindernisse verstellt: So fehle derzeit noch ein gesetzlicher Auftrag zur Durchführung einer primärpräventiven Beurteilung und Beratung; die bisherigen Früherkennungsuntersuchungen seien bislang vor allem auf eine frühe Erkennung von Krankheiten, nicht aber von gesundheitlichen Risiken, Belastungen und Ressourcen ausgerichtet; im EBM gebe es keine eigene Abrechnungsziffer für eine eingehende präventive Beratung; vermisst wird eine Vernetzung mit anderen Einrichtungen auch außerhalb des Gesundheitswesens, um Prävention auch im Alltag der vertragsärztlichen Praxis leichter zu ermöglichen.
Klare Wirksamkeitsnachweise notwendig
„Die Investition in Prävention lohnt sich“, betonte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke. Hier biete sich den Ärzten ein breites Aufgabenspektrum. Es gebe vielfältige Belege für die Wirksamkeit präventiver Maßnahmen. Gleichwohl sei es unabdingbar, führte Henke aus, dass alle diese Maßnahmen immer wieder aufs Neue einer begleitenden Evaluation unterzogen würden. Auf der Basis klarer Wirksamkeitsnachweise habe man eine gute Ausgangslage, wenn es um die Honorierung von Prävention gehe.
Henke verwies auf einige Präventionsmaßnahmen, zu denen dieser Nachweis bereits erfolgt sei: Neugeborenen-Hörscreening, Hautkrebs-Screening, Darmkrebs-Screening, Maßnahmen zu Rauchstopp und Reduktion von Alkoholkonsum, Bewegungsberatung. Die Ärzte könnten mit ihrem Engagement in der Prävention sehr viel dazu beitragen, die Lebenszeit ihrer Patienten krankheitsfrei zu verlängern.
Eine stärkere Gewichtung der Prävention dürfe aber nicht dazu führen, dass die zur Verfügung stehenden Geldmittel einfach umgeschichtet werden, das heißt aus der Kuration in die Prävention abfließen, warnte Henke. Er wies zudem auf die Gefahr hin, dass künftig die Nichtinanspruchnahme präventiver Maßnahmen als schuldhaftes Verhalten angesehen wird mit der Folge, dass Krankheitskosten nicht mehr von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden.
Ärztliche Praxis als idealer Präventionsort
Der Vizepräsident der Bundesärztekammer, Max Kaplan, zeigte die Vorteile der Durchführung von Präventionsmaßnahmen in der ärztlichen Praxis auf. Befragungen zeigten, dass der Arzt als Gesundheitsberater vom Patienten erwünscht sei. Die Praxis sei der ideale Ort zur Thematisierung von Gesundheitsfragen; hier würden zudem alle sozialen Schichten erreicht. Gerade in den Hausarztpraxen würden Patienten oft über Jahrzehnte begleitet. Kaplan: „Hier gibt es eine eingehende Kenntnis des familiären und sozialen Kontextes, Möglichkeiten der frühzeitigen Intervention und der Nutzung von ,teachable moments‘.“
Hindernisse für eine wirksamere Umsetzung von Prävention in der Praxis sieht Kaplan im begrenzten gesetzlichen Auftrag für den Arzt im SGB V zur Durchführung einer primärpräventiven Beurteilung und Beratung. Mit Ausnahme der Schutzimpfungen und der betrieblichen Gesundheitsförderung liege die Verantwortung für die Primärprävention nach § 20 SGB V überwiegend bei den Krankenkassen.
„Die Integration von eingehender präventiver Beratung im Praxisalltag setzt aber ein effizientes Prozessmanagement voraus“, betonte Kaplan. Gelinge dies, komme dem Arzt die zentrale Position in der Gesundheitsförderung und Prävention zu. Er kenne das individuelle Risiko der Patienten und könne Präventionsempfehlungen in einem geschützten Raum geben. Eine Delegation von präventiven Aufgaben an geschultes medizinisches Fachpersonal sei hierbei vorstellbar.
In dem geplanten Präventionsgesetz solle deshalb die ärztliche Prävention hervorgehoben werden, heißt es in einer weiteren Entschließung des 117. Deutschen Ärztetages. Neben einer stärkeren gesetzlichen Verankerung der Prävention in der niedergelassenen Praxis solle die Rolle des Betriebsarztes im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung, der Primärprävention und der Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren gestärkt werden. Weiter sollen die Potenziale des öffentlichen Gesundheitsdienstes genutzt und weiter ausgebaut werden.
Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Zudem betont der 117. Deutsche Ärztetag die Bedeutung von Prävention als einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Diese dürfe nicht auf GKV und PKV begrenzt werden. Vielmehr müssten die staatlichen Akteure auf allen Ebenen in die Verantwortung genommen werden. „Es muss verhindert werden, dass sich die öffentlichen Haushalte auf kommunaler, Landes- und Bundesebene zulasten der Sozialversicherungsträger aus Finanzierung der Prävention zurückziehen.“
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