Medizin

Prostatakarzinom: PSA-Screening in Europa erfolgreicher

  • Donnerstag, 15. März 2012

Histologischer Schnitt eines Prostatakarzinom /NCI
Histologischer Schnitt eines Prostatakarzinom /NCI

Rotterdam – Ein alle vier Jahre durchgeführter PSA-Test hat in einer randomisierten Studie im New England Journal of Medicine (NEJM 2012; 366:981-990) die Mortalität am Prostatakarzinom leicht gesenkt. Ein Einfluss auf die Gesamtsterblichkeit war jedoch auch nach 11 Jahren noch nicht erkennbar.

Die European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer (ERSPC) ist das Pendant zum US-amerikanischen Prostate, Lung, Colorectal, and Ovarian (PLCO) Cancer Screening Trial. Im ERSPC wurden seit 1991 in acht europäischen Ländern (keine deutsche Beteiligung) 182.160 Männer auf ein PSA-Screening oder eine Kontrollgruppe ohne Screening randomisiert (PLCO: 76.693 Männer seit 1993). Die meisten Teilnehmer waren zwischen 55 und 69 Jahre alt (PLCO: 55 bis 74 Jahre). Die PSA-Tests wurden alle 4 Jahre (PLCO jährlich) wiederholt. Als Cut-off für einen positiven Test wurde 3 ng/ml (PCLO: 4 ng/ml) festgelegt.

Auf den ersten Blick sind die Unterschiede zwischen den beiden Studien nicht groß, die Ergebnisse waren jedoch verschieden. Während die PLCO bisher (nach 7 Jahren in NEJM 2009; 360: 1310-9) noch keinen positiven Einfluss auf die Prostatakrebssterblichkeit vermelden konnte, war die ERSPC erfolgreicher. Nach 9 Jahren stellten Fritz Schröder von der Erasmus Universität in Rotterdam und Mitglieder eine Reduktion der Prostatakrebs spezifischen Mortalität um 20 Prozent fest (NEJM 2009; 360: 1320-8) fest.

Jetzt stellt die Gruppe ihre Ergebnisse nach 11 Jahren vor. Die Reduktion der Prostatakrebs spezifischen Mortalität hat sich fortgesetzt, aber nicht verstärkt. Laut der neuen Publikation beträgt der Vorteil 21 Prozent (Rate Ratio 0,79; 95-Prozent-Konfidenzintervall 0,68-0,91), nach einer Berücksichtigung der Nonadhärenz der Teilnehmer sogar 29 Prozent.

Da bisher nur wenige Teilnehmer am Prostatakrebs gestorben sind, beträgt die absolute Reduktion nur 1,07 auf 1000 Teilnehmer: Um einen Tod am Prostatakarzinom zu verhindern, müssten demnach 1055 Männer zum Screening eingeladen und 37 Tumore entdeckt werden. Ein Einfluss auf die Gesamtsterblichkeit konnte nicht festgestellt werden.

Der Erfolg des Screenings hält sich deshalb in Grenzen. Auch Schröder und Mitarbeiter geben kein klares Votum für regelmäßige PSA-Tests ab. Es seien mehr Informationen zum Verhältnis von Nutzen und Risiken des Screenings und zur Kosteneffektivität erforderlich, schreiben sie. Die Studie wird deshalb fortgesetzt: Wegen des sehr langsamen Wachstums des Prostatakarzinoms ist es durchaus möglich, dass in späteren Analysen noch ein Vorteil in der Gesamtsterblichkeit auftritt.

Die Ergebnisse der Studie sind nicht unumstritten. Für den Editorialisten Anthony Miller von der Universität Toronto ist von fundamentaler Bedeutung, wie die entdeckten Tumore behandelt wurden. So seien die Krebserkrankungen im Screening-Arm des ERSPC häufiger an akademischen Zentren behandelt worden, möglicherweise mit besseren Ergebnissen als in der Kontrollgruppe.

In der Kontrollgruppe wurden die Patienten häufiger mit Strahlentherapie, abwartender Haltung oder Hormontherapie behandelt. Den Einfluss auf die Ergebnisse stufte Schröder jedoch als gering ein (Int J Cancer 2010; 126: 2387-2393). Miller stört sich auch an den Unterschieden in der Umsetzung des Studienprotokolls in den einzelnen teilnehmenden Ländern. Er vermutet, dass sich hier weitere Unterschiede in der Therapie zwischen den beiden Gruppen verbergen.

Dass die PLCO-Studie im Gegensatz zur ERSPC keinen Unterschied in der Prostatakrebs spezifischen Therapie fand, könnte aber auch mit dem häufigere Hintergrund-Screening in der Kontrollgruppe zusammen hängen. In den USA wurde zum Zeitpunkt der Studie das PSA-Screening weithin empfohlen.

Auch in der Kontrollgruppe ließ jeder zweite Mann den Test durchführen. Es wurden deshalb im Screening-Arm nur 20 Prozent mehr Tumoren entdeckt als in der Kontrollgruppe, in der europäischen Studie waren es fast doppelt so viele.

rme

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung