Prostatakrebs: „Flüssige Biopsie“ sagt Wirksamkeit von PARP-Inhibitoren voraus
London – Die Analyse von Tumor-DNA in Blutproben, auch als „Flüssige Biopsie“ bezeichnet, könnte in Zukunft die Behandlung des Prostatakarzinoms verbessern. In einer randomisierten Studie in Cancer Discovery (2017; doi: 10.1158/2159-8290.CD-17-0261) zeigte der Gentest vor der Therapie an, ob eine Therapie mit PARP-Inhibitoren erfolgversprechend ist. Unter der Behandlung lieferte der Test frühzeitig Hinweise für ein Ansprechen der Therapie und später für das Auftreten maligner Klone.
Die britische TOPARP-Studie hat gezeigt, dass der PARP-Inhibitor Olaparib bei Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom häufig eine Remission erzielt, wenn die Tumore Mutationen im BRCA2-Gen haben. Dies entsprach den Erwartungen, die sich aus dem Wirkungsmechanismus des Wirkstoffs ergeben: PARP-Inhibitoren blockieren einen Ersatzmechanismus zur DNA-Reparatur, auf den die Krebszellen angewiesen sind, wenn die eigentliche DNA-Reparatur infolge der BRCA2-Mutation ausgefallen ist.
Die Ergebnisse der TOPARP-Studie haben die US-Arzneimittelagentur FDA veranlasst, Olaparib zu einem potenziellen Durchbruch zu erklären, was das Zulassungsverfahren beschleunigt. Das Mittel könnte, sofern es in laufenden Studien nicht enttäuscht, schon bald zugelassen werden. Derzeit ist ein BRCA-positives Ovarialkarzinom die einzige Indikation von Olaparib.
Ein Team um Johann de Bono vom Institute of Cancer Research in London hat in der TOPARP-Studie im Verlauf der Therapie mehrfach Blutproben der Patienten entnehmen und genetisch untersuchen lassen. Zunächst wurde nur die Menge der zirkulierenden Tumor-DNA bestimmt. Hier kam es bei den Patienten, die auf die Therapie ansprachen, schon in den ersten vier Wochen zu einem deutlichen Rückgang, der sich später weiter verstärkte.
Später war ein erneuter Wiederanstieg der Tumor-DNA ein erster und sicherer Hinweis auf ein bevorstehendes Rezidiv. Die genaue Sequenzierung der DNA identifizierte auch die Ursache der neu entwickelten Resistenz auf PARP-Inhibitoren: Mutationen im BRCA2-Gen hatten die Funktion dieses Arms der DNA-Reparatur wiederhergestellt. Die Tumore waren jetzt nicht mehr auf den Ersatzmechanismus angewiesen.
Diese Restauration des intakten BRCA2-Gens wurde auch bei Patienten beobachtet, die die Mutation von den Eltern geerbt hatten. Möglich wurde sie durch den Austausch einzelner Basenpaare, die das normale Leseraster wieder herstellte. Eine Verschiebung des Leserasters (Frame Shift) ist ein häufiger genetischer Defekt, weil einzelne Mutationen alle folgenden Basenpaare „unleserlich“ machen, beziehungsweise zur Bildung eines völlig anderen Proteins führen.
Damit es zu einem Rezidiv kommt, müssen die Mutationen, die das Überleben des Tumors unter der Olaparib-Therapie ermöglichen, nur in einer Zelle in einer einzelnen Metastase auftreten. Die Forscher haben bei einem Patienten eine in der Magnetresonanztomographie verdächtige Metastase biopsiert und tatsächlich die gleiche Mutation nachgewiesen wie in der zirkulierenden DNA im Blut des Patienten.
Falls Olaparib zur Behandlung des Prostatakarzinoms zugelassen wird, dürfte der Einsatz (wie beim Ovarialkarzinom) vom Nachweis von BRCA-Mutationen im Blut oder im Tumorgewebe abhängig gemacht werden. Die „flüssige Biopsie“ könnte diese Untersuchung ersetzen. Später könnte sie genutzt werden, um Rezidive, die einen Wechsel der Therapie notwendig machen, frühzeitig zu erkennen.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: