Ärzteschaft

Protesttag: 30.000 Ärzte demonstrieren gegen Gesundheitspolitik

  • Freitag, 24. März 2006
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ddp

Berlin – 30.000 Ärzte haben beim nationalen Protesttag in Berlin am 24. März gegen die Sparpolitik der Bundesregierung demonstriert. Die niedergelassenen Mediziner zogen vom Roten Rathaus zum Brandenburger Tor. Ärztekammerpräsident Jörg-Dietrich Hoppe forderte die Bundessregierung auf der Kundgebung zur Klarheit über die künftige Gesundheitspolitik auf.

Die aus dem gesamten Bundesgebiet angereisten Ärzte machten ihrem Unmut mit Trillerpfeiffen und Buh-Rufen Luft. Mit Losungen wie „Ulla, hör doch auf, wir sind nicht deine Prügelknaben“ protestierten sie insbesondere gegen die Politik von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Wegen der zentralen Protestkundgebung blieben am Freitag tausende Arztpraxen in verschiedenen Bundesländern geschlossen.

Das von der großen Koalition auf den Weg gebrachte Arzneimittel-Spargesetz kritisierte der Präsident der Bundesärztekammer als „neuerlichen Versuch, mit einem politischen Machwerk ärztliche Therapiefreiheit zu zerstören“. Der Protest werde auch nach den Landtagswahlen am kommenden Sonntag weitergehen. „Die Patienten müssen erfahren, was in Zukunft noch bezahlt wird“, rief der Ärztefunktionär.

Der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Kuno Winn, sagte dem Nachrichtensender n-tv zu den Auswirkungen der Spargesetze: „Besonders im Medikamentenbereich können wir nicht mehr das verordnen, was der Patient wirklich braucht.“ Das gehe zu Lasten der Versorgung mit innovativen Arzneimitteln. Wenn das Gesetz so komme „wie geplant, ist das unerträglich.“ Der Präsident der Freien Ärzteschaft, Martin Grauduszus, sagte dem Sender: „Der Arzt wird zum Verwaltungsarzt und wir können nicht mehr ausreichend heilen.“
In einer Resolution wandten sich niedergelassene Ärzte aus Berlin gegen eine weitere Rationierung von Arzneimitteln durch Kopplung des Verordnungsverhaltens der Ärzte an ihre Vergütung. Zugleich verwiesen die Mediziner darauf, dass seit Jahren mehr als 30 Prozent ihrer Leistungen nicht bezahlt würden. „Wir fordern das Ende der Budgetierung und eine leistungsgerechte und kostendeckende Finanzierung ärztlicher Leistungen“, hieß es in dem Papier.

Die Vertreter der Parteien äußerten überwiegend Verständnis für die Proteste der Mediziner. Die Unionsfraktion verwies darauf, dass sie eine Beendigung der Budgetierung der ärztlichen Honorare durchgesetzt habe. „Es wurde mit dem Koalitionspartner vereinbart, die ärztliche Honorierung leistungsgerechter zu gestalten“, erklärten Fraktionsvize Wolfgang Zöller und die Gesundheitsexpertin Annette Widmann-Mauz. Der FDP-Gesundheitsexperte Daniel Bahr verwies darauf, dass die Ärzte in den vergangenen Jahren Einkommenseinbußen hingenommen hätten.

Auch der Grünen-Gesundheitsexperte Harald Terpe, erklärte: „Viel zu lange wurden die wirtschaftlichen Probleme vieler niedergelassener Ärzte ignoriert.“ Die Links-Fraktion erklärte, die steigenden Arzneimittelkosten könnten nicht mit mehr Bürokratie und der „weiteren Ökonomisierung des Arzt-Patienten-Verhältnisses“ kuriert werden.

afp/hil

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