Politik

Psychiater fordern, PEPP zu stoppen

  • Donnerstag, 26. November 2015

Berlin – Noch befindet sich das Pauschalierende Entgeltsystem für psychiatrische und psychosomatische Kliniken (PEPP) in der Optionsphase. Doch schon ab 2017 müssen die Krankenhäuser bundesweit damit abrechnen. PEPP stößt seit langem auf heftige Kritik, weil es den Gegnern zufolge die Bedürfnisse psychisch erkrankter Menschen zu wenig berücksichtige.

Auf dem Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) in Berlin haben deshalb Psychiater heute die Bundesregierung aufgefordert, PEPP zu stoppen und stattdessen auf ein Alternativ­konzept zu setzen. Patienten, Ärzte, Pflegekräfte und Ökonomen befürchten, dass es mit der Einführung von PEPP zu einer Verschlechterung in der stationären Versorgung von psychisch erkrankten Menschen kommt.

„Die Kliniken werden gezwungen sein, Personal abzubauen. Denn das PEPP-System basiert auf festen, fallbezogenen Tagespreisen. Doch dies widerspricht der Behandlungsrealität: Der Zustand unserer Patienten kann sich von Tag zu Tag ändern“, stellt DGPPN-Präsidentin Iris Hauth fest. Die Behandlung müsse sich deshalb an ihrem tatsächlichen Bedarf ausrichten und nicht an rein ökonomischen Vorgaben.

Lauterbach macht sich auch gegen PEPP stark
Unterstützung bekommen die Psychiater auch aus der Politik: Karl Lauterbach, Gesundheitsökonom und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD, macht sich mit der Bundestagsfraktion stark gegen PEPP: „Es wäre gefährlich, PEPP wie vorgesehen einzuführen. Denn es gibt ein riesiges Strukturdefizit in der Psychiatrie, das mit dem PEPP-System zementiert würde“, sagte er bei einer Diskussion des Correktiv-Verlags zum Thema „Der Psychiatrie-Skandal“ am 24. November in Berlin.

„Viele Patienten in der stationären Psychiatrie haben viele Diagnosen auf einmal, das ist alles viel komplizierter als in der Somatik“. Um das alles richtig abzubilden, bedürfe es eines enormen Bürokratie- und Kontrollaufwands. Alternatives Konzept Es gibt bereits eine Alternative zu PEPP:

Mit 16 Fachgesellschaften und Verbänden hat die DGPPN ein Konzept vorgelegt: das Budgetbasierte Entgeltsystem. „Unser Konzept orientiert sich an den Bedürfnissen psychisch erkrankter Menschen. Es stellt sicher, dass wir unsere Patienten so lange in der Klinik behandeln können, wie dies medizinisch und therapeutisch angezeigt ist. Mit dem Budgetbasierten Entgeltsystem erhalten die Kliniken die Sicherheit, die dafür notwendigen Personalressourcen mittelfristig zu planen. Darüber hinaus können wir die Patienten auch dabei unterstützen, dass sie nach dem Aufenthalt in der Klinik in ihrem sozialen Umfeld zurechtkommen“, sagte Arno Deister, President Elect der DGPPN.

Das Alternativkonzept folgt einer neuen Systematik: Es trennt die Budgetfindung der einzelnen Krankenhäuser von der Abrechnung in Form von Abschlagszahlungen auf dieses Budget. Dabei ist vorgesehen, dass die lokalen Verhandlungspartner das krankenhausindividuelle Budget auf Grundlage bundeseinheitlich definierter, struktureller Kriterien – personelle Ausstattung, milieutherapeutische Erfordernisse, besondere Aufgaben und Pflichtversorgung – gemeinsam aushandeln.

Das Budget bildet das gesamte Leistungsspektrum des Krankenhauses ab und stellt die Grundlage für die leistungsbezogene Abrechnung in Form von Tagesentgelten dar. Unabhängige Expertenkommissionen ermitteln dabei ein Patienten- und qualitäts­orientierten Personalbedarf. „Nun ist das Bundesgesundheitsministerium am Zug. Dass sich hier heute so viele Psychiater versammelt haben ist ein deutliches Zeichen: PEPP wird dem Versorgungsbedarf psychisch erkrankter Menschen nicht gerecht und darf daher nicht eingeführt werden“, fordert DGPPN-Präsidentin Hauth. 

pb

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