Psychiater hält Ferndiagnosen über Trump für gefährlich
Berlin – Der Psychiater Jan Kalbitzer kritisiert Ferndiagnosen zu US-Präsident Donald Trump. Die Psychiatrie verliere durch solche öffentlichen Äußerungen von Fachleuten ihre Glaubwürdigkeit, schreibt Kalbitzer in einem Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung. Dies wiederum habe Konsequenzen für Menschen mit psychischen Beschwerden.
Vielen Menschen falle immer noch schwer, einen Psychiater oder Psychotherapeuten aufzusuchen, schreibt der Experte. Sie fürchteten oftmals die gesellschaftliche Wahrnehmung. „Dieses Stigma wird verstärkt, wenn Psychiater die Macht der Diagnose gegen politische Widersacher einsetzen im Sinne von: Der vertritt seine Meinung nur, weil er psychisch krank ist.“ Dies verstärke zudem den Widerwillen von Betroffenen, „sich in ebenjene diagnostischen Schubladen stecken zu lassen“.
Untersuchung zwingend
Auch unabhängig von diesen Überlegungen „sollte kein seriöser Psychiater bei Trump eine Diagnose stellen dürfen, ohne ihn untersucht zu haben. Das hat etwas mit der Achtung vor menschlicher Würde zu tun“, mahnt der Berliner Facharzt. Jeder „Nichtexperte“ könne Trump als Narzissten bezeichnen, zumal der Begriff inzwischen zur Umgangssprache gehöre. Zugleich sei er in der Psychiatrie kaum noch zu gebrauchen.
Die Experten sollten ihren Fokus dagegen auf die Frage legen, „welche sozialen Rahmenbedingungen dazu führen können, dass sich Menschen nach einem Staatsoberhaupt mit autoritärem Führungsstil und einfachen Antworten sehnen“, fordert der Psychiater.
Interessant sei ebenfalls, warum einige bereit seien, gesellschaftliche Freiheiten aufzugeben, warum manche auf Verschwörungstheorien hörten oder wie Menschen mit Erfahrungen von Sexismus oder Rassismus umgingen. Sie alle sprächen über ihre Sorgen mit Psychiatern, so Kalbitzer: „Zumindest dann, wenn sie keine Angst haben, dass Psychiater selbst Teil einer als selbstgerecht wahrgenommenen progressiven Elite sind.“
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