Psychische Gesundheit: Kaum Belege für Nutzen von Ersthelferprogramm

Freiburg – Der Nutzen des Programms „Mental Health First Aid“ (MHFA, Erste Hilfe für psychische Gesundheit) ist nicht durch zuverlässige Studien belegt. Das berichtet eine Cochrane-Arbeitsgruppe in einem neuen Review. Er ist in der Cochrane Database of Systematic Reviews erschienen (2023, DOI: 10.1002/14651858.CD013127.pub2).
Insbesondere zur Frage, ob die Schulungen von „Mental-Health-Ersthelfern“ Menschen mit psychischen Problemen nutzen, ist laut der Analyse unklar. Das Programm „Mental Health First Aid“ wurde vor mehr als 20 Jahren in Australien entwickelt. Es ist ein spezifisches, international lizensiertes Programm zur Ausbildung von „Mental-Health-Ersthelfern“.
Diese sollen dank ihrer Schulung Personen mit psychischen Problemen in ihrem Umfeld erkennen, frühe Hilfe leisten und weiterführende Hilfsangebote vermitteln können. Weltweit wurden der deutschen MHFA-Webseite zufolge bereits mehr als fünf Millionen Menschen als MHFA-Ersthelfer geschult. In Deutschland wird das Programm seit 2019 ausgerollt.
Die Cochrane-Gruppe konnte 21 Studien mit 22.604 Teilnehmern in die Untersuchung einbeziehen. Fünfzehn Studien verglichen das MHFA-Training mit keiner Intervention, zwei Studien verglichen das MHFA-Training mit einer alternativen Intervention zur Förderung der psychischen Gesundheit und vier Studien verglichen das MHFA-Training mit einer aktiven Intervention oder einer Kontrollintervention.
Wurde das MHFA-Training mit keiner Intervention verglichen, hatte es nach sechs bis zwölf Monaten möglicherweise nur geringe oder gar keine Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Teilnehmer, allerdings ist die Evidenzlage laut den Cochrane-Autoren sehr unsicher. Andere Studien lieferten ebenfalls unsichere Ergebnisse.
„Aufgrund des Mangels an qualitativ hochwertiger Evidenz können wir keine Schlussfolgerungen über die Auswirkungen des MHFA-Trainings auf unsere primären Endpunkte ziehen“, berichtet die Cochrane-Gruppe.
Zwar wurden auch keine unerwünschten Wirkungen berichtet – es stelle sich aber die Frage, ob die investierten Ressourcen nicht besser in anderen, besser evidenzbasierten Interventionen angelegt wären, gibt das Cochrane-Team zu bedenken.
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