Medizin

Psychosen verkürzen das Leben

  • Donnerstag, 19. Mai 2011

London – Es war bekannt, dass Patienten mit chronischen Psychosen eine verminderte Lebenserwartung haben. Eine diesbezügliche Analyse britischer Forscher in PLoS ONE (2011; 6: e19590) hat die Experten dennoch überrascht.

Die Zahlen, die Chin-Kuo Chang von King's College London vorlegt, übertrafen alle Befürchtungen. Chang war dem Schicksal von fast 32.000 Patienten aus dem Diagnosekomplex SMI (Schizophrenie, schizoaffektive Erkrankung, bipolare Störung) nachgegangen.

Sein Ergebnis: Männliche Patienten mit einer Schizophrenie starben im Durchschnitt mit 62,8 Jahren und damit 14,6 Jahre früher als andere Männer. Frauen mit schizoaffektiver Erkrankungen haben in England eine Lebenserwartung von 64,1 Jahren. Sie liegen damit 17,5 Jahre unter dem Durchschnitt. Auch bei der bipolaren Störung ist die Lebenserwartung um etwa 10 Jahre verkürzt.

Das Mortalitätsrisiko von SMI liegt damit im Bereich von Drogenabhängigen, die im Durchschnitt etwa 14 Jahre früher sterben. Chang hat keine Auswertung nach den Todesursachen vorgenommen. So bleibt offen, was die Ursache für die erhöhte Mortalität ist.
 

Sicher erscheint ihm aber, dass die erhöhte Suizidneigung der Patienten die Unterschiede allein nicht erklärt. Ein weiterer Grund könnte die Lebensweise der Patienten sein, die häufig starke Raucher sind, sich ungesund ernähren und zu Alkohol- und Drogenmissbrauch neigen. Aber auch soziale Nachteile könnten eine Rolle spielen.

Menschen mit Psychosen sind häufiger als andere wohnungslos und damit deutlich krankheitsgefährdet. Chang mochte aber auch nicht ausschließen, dass die Folgen einer langfristigen Therapie mit Antipsychotika sich negativ auf die Lebenserwartung auswirken.

Die Stiftung Rethink Mental Illness zeigte sich empört angesichts der Tatsache, dass SMI-Patienten von heute die Lebenserwartung von Menschen der 1930er Jahre haben. Sie fordert eine bessere Betreuung der Patienten über die Behandlung der Psychose hinaus.

Ärzte sollten die Patienten eindringlicher über die Folgen des ungesunden Lebensstils und die Folgen von Rauchen und ungesunder Ernährung aufklären, fordert die Stiftung. Auch die Nebenwirkungen der Antipsychotika müssten besser untersucht werden.

rme

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