Ärzteschaft

Psychotherapeuten kritisieren Honorarbeschlüsse

  • Freitag, 25. September 2015

Berlin – Der Erweiterte Bewertungsausschuss hat am 22. September den Beschluss zur Anpassung der Bewertung der genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen gefasst. Im Ergebnis sind die Psychotherapiehonorare seit 2012 anzuheben und entsprechende Nachvergütungen auszuzahlen, gleichzeitig erhöht sich das Honorar für die Zukunft.

Die Verbandsvorsitzenden der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV), Barbara Lubisch, des Bundesverbandes der Vertragspsychotherapeuten (bvvp), Martin Kremser und der Vereinigung analytischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (VAKJP), Uwe Keller, kritisieren die Entscheidung: Der Beschluss interpretiert die über Jahre gefestigte Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) neu, und zwar zu Lasten der Psychotherapeuten.

Die Vergütung jeder genehmigungspflichtigen Leistung steigt nach dem Beschluss um 2,7 Prozent. Außerdem gibt es ab einer bestimmten Mindestauslastung der Praxis einen Zuschlag, mit dem die Finanzierung von Praxispersonal unterstützt werden soll. „Dies wirkt sich so aus, dass auf mehr als die Hälfte der Leistungen kein Zuschlag bezahlt wird“, sagen die Verbandsvorsitzenden. Laut BSG müsse die Mindestvergütung aber nicht nur für einen Teil, sondern einheitlich für alle genehmigungspflichtigen Leistungen gelten. Nach dem Beschluss betreffe die rechtlich gebotene Erhöhung der Mindestvergütung den überwiegenden Teil der Leistungen jedoch  überhaupt nicht.“

40 Millionen Euro Nachzahlungen im Jahr
Weil im Durchschnitt nur jeder zweite Psychotherapeut Widerspruch gegen seine Honorarbescheide eingelegt habe, reduziere sich die prognostizierte Gesamtsumme an Nachzahlungsbeträgen von den angekündigten 80 Millionen Euro auf rund 40 Millionen Euro pro Jahr.

„Angesichts der gemeinsamen Interessenslage im Erweiterten Bewertungsausschuss, die Honorarerhöhungen in engen Grenzen zu halten ist das Ergebnis nicht überraschend“, so die Verbandvorsitzenden. Besonders die Krankenkassen hätten immer wieder betont, ein Anpassungsbedarf sei nicht gegeben. Nur mit allen Kräften und mit der Unterstützung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sei es überhaupt gelungen, die Entscheidung in den Erweiterten Bewertungsausschuss zu verlagern und eine Honorarerhöhung zu erwirken.

Nach Ansicht der Verbände ist die Entscheidung „ein Deal zu Lasten der Psychotherapeuten“. Sie fordern von der Politik klarere gesetzliche Vorgaben zur Gewährleistung angemessener Psychotherapiehonorare und eine Festlegung von Fristen, zu denen der Bewertungsausschuss tätig werden muss. „Die jahrelangen Verzögerungen und die ständige Rechtsunsicherheit sind nicht mehr länger hinnehmbar“, so die Vorsitzenden.

Verknüpfung des Zuschlags mit Mindestauslastung kontraproduktiv
Die Psychotherapeutenverbände bemängeln außerdem die Auswirkungen der Verknüpfung des neuen Zuschlags mit einer Mindestauslastung. So werde die niedrigschwellige Versorgung von Patienten mit nichtgenehmigungspflichtigen Gesprächsleistungen geradezu bestraft. Praxen der Psychotherapeuten, der psychosomatischen Fachärzte und der Psychiater, die noch andere Versorgungs­aufgaben als reine Richtlinienpsychotherapie wahrnehmen, gehen ebenso weitgehend leer aus wie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, die einen vergleichsweise hohen Koordinations- und Abklärungsaufwand haben. Die Zuschlagskonstruktion stehe auch im Gegensatz zur Forderung der Politik nach Einführung von niedrigschwelligen Sprechstunden und frühzeitiger Diagnostik, betonen die Verbände.

pb

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