Qualitätsberichte aus allen Praxen: Kritik an Vorstoß der Krankenkassen

Berlin – Mit deutlicher Kritik haben Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) auf das Vorhaben der Krankenkassen reagiert, von allen Arztpraxen Qualitätsberichte anzufordern und deren Ergebnisse dann in laienverständlicher Form zu präsentieren. Darüber hatte Bild berichtet und auf ein „Geheimpapier“ des GKV-Spitzenverbands verwiesen. Es soll offenbar nächste Woche vom Verwaltungsrat des Verbands beschlossen werden.
Patienten sollten sich künftig informieren können, „in welcher Praxis die Behandlungsqualität eines niedergelassenen Arztes gut ist und wo noch nicht“, sagte Florian Lanz, Sprecher des Spitzenverbandes, nach einem Bericht der Agentur afp. Zur Begründung verwies er darauf, dass es dazu auf Bundesebene an aussagekräftigen Daten fehle. Zugleich betonte Lanz, ein Ärzte-Ranking nach dem Motto „Deutschlands bester Hausarzt“ sei nicht geplant.
"Allmachtsphantasien" der Krankenkassen
„Offenbar plagen die Krankenkassen Allmachtsphantasien“, kommentierte der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen die Pläne. „Deren Spitzenverband hat Probleme mit freiberuflich tätigen niedergelassenen Ärzten, die nach dem medizinischen Wohl ihrer Patienten entscheiden und nicht nach der Diktion der Krankenkassen agieren wollen.“ Patienten wüssten sehr gut, was sie an ihren Ärzten hätten: „Sie können selber entscheiden und brauchen keine Listen ihrer Krankenkassen.“
Gassen kündigte an, den Vorstoß zum Anlass zu nehmen, um den Krankenkassen-Navigator der KBV neu zu beleben. Diese Plattform bietet niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten exklusiv die Gelegenheit, einzelne Krankenkassen zu bewerten. Sie können ihre Praxiserfahrungen aus Bereichen wie Bürokratie, Regresse oder Therapiefreiheit einbringen.
Arztnavigator sei bereits „krachend am fehlenden Interesse der Menschen gescheitert“
BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery kritisierte das Vorhaben des GKV-Spitzenverbands ebenfalls. „Mit diesem Bürokratiewahn nehmen die Kassenfunktionäre auch noch dem letzten Medizinstudenten die Lust, sich als Landarzt niederzulassen“, sagte er. Außerdem seien sie mit ihrem Arztnavigator bereits „krachend am fehlenden Interesse der Menschen gescheitert“.
Alle Studien zeigten, dass die Patienten mit der Arbeit ihrer Ärzte hoch zufrieden seien, „aber nicht immer mit der Arbeit ihrer Krankenkassen.“ Das Internetangebot Arztnavigator ist eine Kooperation der Bertelsmann Stiftung, großer Krankenkassen wie der AOK und Patienten- und Verbraucherorganisationen. Es ermöglicht die Arztsuche anhand von Patientenbewertungen und Bewertungen nach einem Arztbesuch.
Das Sozialgesetzbuch V verpflichtet Ärzte und Ärztinnen bereits heute, die Qualität der von ihnen erbrachten Leistungen zu sichern und weiterzuentwickeln. Sie müssen sich unter anderem an einrichtungsübergreifenden Maßnahmen zur Qualitätssicherung beteiligen und ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement einführen. Der Gemeinsame Bundesausschuss entwickelt seine Vorgaben zur Qualitätssicherung von Leistungen kontinuierlich weiter.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind ebenfalls dazu verpflichtet, die Qualität der vertragsärztlichen Versorgung zu fördern und die Ergebnisse ihrer Bemühungen zu veröffentlichen. Das geschieht unter anderem in Form regelmäßiger Qualitätsberichte.
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben jedoch für den stationären Bereich belegt, dass Qualitätserhebung und –auswertung sowie deren Übersetzung in laienverständliche Information aufwendig und komplex sind. Erst kürzlich haben Autoren zudem in einem Beitrag für das Deutsche Ärzteblatt nachgewiesen, dass schon der Weg hin zu einer validen und automatisierten Erhebung, Auswertung und Anwendung von Qualitätsindikatoren für die ambulante Versorgung deutlich länger ist als angenommen. Das ergab ein Praxistest der so genannten Aquik-Indikatoren in Arztpraxen des Praxisnetzes „Gesundes Kinzigtal“.
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