Querschnittsstudie bestätigt Anämie-Grenzwerte auch für geriatrische Patienten

Berlin – Bei älteren Patienten sollten bei der Anämiediagnostik dieselben Grenzwerte gelten wie bei jüngeren Patienten. Darauf hat die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) hingewiesen. „Anämie beim älteren Menschen ist keine normale Alterserscheinung, sondern gehört abgeklärt“, sagte Gabriele Röhrig, Leiterin der Arbeitsgruppe Anämie der DGG.
Laut Röhrig wurde lange Zeit darüber diskutiert, ob bei geriatrischen Patienten andere Grenzwerte für die Diagnose einer Anämie herangezogen werden müssten und die Anämie-Prävalenz im höheren Lebensalter nur aufgrund falscher Grenzwerte vermeintlich hoch sei.
Jahrelange Auseinandersetzung
Die jahrelange Auseinandersetzung war laut der Fachgesellschaft berechtigt, denn die Grenzwerte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Anämiedefinition aus dem Jahr 1969 waren aus Untersuchungen an jungen Männern und schwangeren Frauen abgeleitet. Ältere Menschen waren laut der DGG in keine der berücksichtigten Untersuchungen eingeschlossen.
Zusammen mit dem Arbeitskreis Labor der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) hat die Arbeitsgruppe um Röhrig basierend auf Daten einer bundesweit tätigen Laborgemeinschaft eine Querschnittstudie initiiert, in die über einen Zeitraum von zwölf Monaten die Daten von insgesamt 30.611 Patienten im Alter über 60 Jahre eingeflossen sind.
Daraus konnten die Wissenschaftler 4.641 Menschen als hämatologisch gesund definieren und in die Analyse einschließen. Die Auswertung ergab, dass alle Werte der erythrozytären Parameter („kleines Blutbild“) im Bereich der DGHO-Referenzwerte blieben und die Referenzwerte der WHO für die Anämiedefinition damit bestätigt werden konnten.
„Basierend auf diesen Daten kann jetzt der Diskussion um die Etablierung altersspezifischer Referenzwerte für Hämoglobin und erythrozytäre Parameter bei deutschen Patienten über 60 Jahren endlich ein Ende gesetzt werden“, sagte Röhrig. Liege dieser Wert unter 12 g/dl bei Frauen oder unter 13g/dl bei Männern, sollte eine weiterführende Anämiediagnostik dringend erwogen werden. „Wir dürfen nicht denken, dass niedrigere Hämoglobinwerte und damit weniger rote Blutkörperchen im Blut geriatrischer Patienten normal sind, nur weil die Menschen alt sind. Das ist nicht der Fall“, so Röhrig.
Bei Patienten im höheren Lebensalter kann Anämie zu Einschränkungen in der physischen und kognitiven Funktionalität führen. „Anämie kann als Risikofaktor für multifunktionelle Einschränkungen im Alter angesehen werden und damit die klinische Entwicklung eines multimorbiden geriatrischen Patienten entscheidend beeinflussen“, erklärte die AG-Leiterin.
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