Ramadan-Durstlöscher löste hypertensive Krise aus
Der Konsum von „erk sous“, einem in Ägypten verbreiteten Süßgetränks auf Lakritzbasis, kann den Blutdruck erhöhen. Bei einem Kanadier, der das Getränk für sich entdeckt hatte, kam es sogar zu einer hypertensiven Krise.
Die blutdrucksteigernde Wirkung von Lakritz ist bekannt. Das in der Wurzel der Süßholzpflanze (aber auch in Pampelmusen) enthaltene Glycyrrhizin hemmt den Abbau von Cortisol in Cortison. Es kommt zu einem Anstieg von Cortisol, das die Mineralokortikoid-Rezeptoren in der Niere aktiviert. Über eine Natrium-Kalium-Pumpe wird Natrium aus den Nierentubuli resorbiert und Kalium vermehrt ausgeschieden. Durch die Erhöhung des Natriumbestands steigt das Blutvolumen und damit der Blutdruck. Der Zustand wird als Pseudoaldosteronismus bezeichnet: „Aldosteronismus“, weil eine Überproduktion des Nebennierenhormons Aldosteron die gleiche Wirkung hat, und „Pseudo“, weil aufgrund der Gegenregulation die Aldosteronkonzentration im Serum fällt.
Die Diagnose eines Pseudoaldosteronismus wurde bei einem 84-jährigen Mann gestellt, der sich mit Blutdruckwerten von 196/55 mmHg und Symptomen einer hypertensiven Krise (Kopfschmerz, Photophobie, Brustschmerz und Abgeschlagenheit) in einer Notfallambulanz vorgestellt hatte. In der klinischen Untersuchung wurden Zeichen einer Volumenüberlastung mit Bein- und Lungenödemen gefunden.
Der Patient war als Hypertoniker in Behandlung. Er hatte unter der Therapie mit Irbesartan und Hydrochlorothiazid vier Monate zuvor noch Blutdruckwerte von 125/60 mmHg gehabt. Auf Befragung gab er an, seit zwei Wochen jeden Tag ein bis zwei Gläser „erk sous“ getrunken zu haben. Es handelt sich um ein in Ägypten populäres Getränk, das aus der Wurzel der Süßholzpflanze und Backpulver (Natron) hergestellt wird und vor allem im Ramadan als Durstlöscher beliebt ist. Der Mann hatte das Getränk auf einer Reise nach Ägypten kennengelernt und zur Eigenproduktion Süßholz aus dem Urlaub mitgebracht.
Der Patient, der eigentlich über die Auswirkungen von Lakritz auf den Blutdruck informiert war, hatte das Getränk nicht mit dem Anstieg des Blutdrucks in Verbindung gebracht, den er durch Selbstmessung bereits eine Woche vor der Notfallaufnahme bemerkt hatte.
Da er das Getränk selbst herstellte, wurde er nicht durch Hinweise auf der Verpackung gewarnt. Verdacht auf einen Pseudoaldosteronismus besteht bei der Trias aus Volumenüberladung, Hypokaliämie und Hypertonus. Die Bestätigung liefert ein niedriges Serumaldosteron. Bei dem Patienten war der Aldosteronwert auf 71 pmol/l abgefallen bei einem Referenzwert von 111 bis 860 pmol/l. Differenzialdiagnose sind ein hoher Konsum von Pampelmusen sowie genetische Störungen in Mineralokortikoid-Rezeptoren oder im Enzym 11beta-Hydroxysteroid-Dehydrogenase, das Cortison in Cortisol verwandelt. Die Behandlung der Lakritzintoxikation ist symptomatisch mit blutdrucksenkenden Medikamenten und in schweren Fällen in der Gabe von Kalium.
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