Recht auf Privatheit bei Gesundheitsfragen achten

Freiburg – In den USA ist inmitten des Wahlkampfes der Gesundheitszustand der beiden US-Präsidentschaftskandidatin zum Hauptthema geworden. Der Tübinger Theologe Franz-Josef Bormann, Mitglied des Deutschen Ethikrats, hat angesichts der Debatte nun das Recht auf Privatheit betont.
„Kein Mensch ist vollständig gesund und kein Wahlkämpfer muss seine kompletten Gesundheitsdaten veröffentlichen“, sagte Bormann heute in Freiburg. Er rief die Medien zur Zurückhaltung auf, wenn es um die Gesundheit von Personen des öffentlichen Lebens geht. „Wenn Journalisten versuchen, Clintons Hausarzt Informationen zu entlocken, ist das eine brutale Grenzverletzung“, so Bormann. Zwar habe die Öffentlichkeit das Recht zu erfahren, ob ein Kandidat für ein politisches Führungsamt mit großer Verantwortung geeignet sei. Dies umfasse auch Informationen über die gesundheitliche Belastbarkeit. „Eine vollständige Transparenz leitet sich daraus aber nicht ab.“
Bormann sagte, in der modernen Mediengesellschaft könne jede kleinste „gesundheitliche Delle und jeder Schnupfen“ Anlass für Spekulationen sein. „Diese Spekulationsmaschinerie ist ein Problem, weil es keinerlei Distanz mehr zu den in der Öffentlichkeit stehenden Prominenten gibt und Dinge herangezoomt werden, die wir eigentlich nicht sehen müssten.“ Er forderte, sich bewusst zu machen, dass niemand biologisch perfekt sei. Bei vollständige Durchleuchtung würden sich bei jedem Daten oder Anlagen finden, die auf potenzielle gesundheitliche Probleme hinweisen.
In den USA hatte zuletzt das Weißes Haus Verständnis für Fragen nach dem Gesundheitszustand der US-Präsidentschaftsbewerber gezeigt. Es sei sicher legitim, den Gesundheitszustand des nächsten US-Präsidenten kennen zu wollen, sagte der Sprecher von Präsident Barack Obama, Josh Earnest, vorgestern. Die Kandidaten müssten aber ganz alleine wissen, welche Angaben und welche Details sie weitergeben wollten.
Clinton selbst will begleitet von kritischen Fragen nach ihrem Gesundheitszustand noch diese Woche wieder in den US-Wahlkampf einsteigen, wie ihr Sprecher Brian Fallon mitteilte. Sie selbst sagte in einem Interview des Senders CNN, sie fühle sich schon sehr viel besser und wolle so bald wie möglich wieder Wahlkampfauftritte absolvieren.
Bei Clinton war nach Angaben ihrer Ärztin Lisa Bardack am vergangenen Freitag eine Lungenentzündung festgestellt worden, die Clinton nicht öffentlich machte. Das hatte nach einem Schwächeanfall der Präsidentschaftskandidatin zu einer Debatte geführt. Ihr republikanischer Rivale Donald Trump und andere Republikaner streuen seit Wochen, dass Clinton auch aus gesundheitlichen Gründen ungeeignet sei, die Präsidentschaft zu übernehmen, ohne dies aber zu belegen. Clintons Sprecher kündigte daher an, es werde in Kürze zusätzliche medizinische Informationen über Clinton geben.
Trump hat zu seinem eigenen Gesundheitszustand bisher das Statement eines Arztes veröffentlicht, das dieser nach eigenem Bekunden binnen fünf Minuten aufgeschrieben hat, während vor der Tür eine Limousine wartete. Die Reaktionen der US-Medien auf dieses Attest waren belustigt, aber nicht kritisch. Trump kündigte an, er werde sehr bald umfassende Untersuchungsberichte vorlegen.
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