Politik

Rege Diskussion um Pläne zum Wegfall der Testpflicht für Geboosterte

  • Dienstag, 14. Dezember 2021
/picture alliance, Bodo Marks
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Berlin – Die Pläne von Bund und Ländern, dass für Menschen mit Auffrischimpfung gegen SARS-CoV2 bei Zugangsregeln nach dem Modell „2G plus“ der vorgesehene zusätzliche Test entfallen kann, sorgen für eine rege Debatte. Nach den Plänen müssten Geimpfte und Genesene mit Boosterimpfung sich vor dem Zutritt zu einer 2G-plus-Räumlichkeit nicht mehr vorher testen lassen.

In einigen Bundesländern sind Menschen, die eine Auffrischung gegen SARS-CoV-2 erhalten haben, be­reits von der Testpflicht befreit. Bayern und Hessen kündigten heute an, nachzuziehen. In der Gesund­heits­ministerkonferenz der Länder (GMK) wollte der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauter­bach (SPD) das Vorgehen heute bundesweit vorgeschlagen.

„Der Verzicht auf die Testung von Geboosterten macht epidemiologisch Sinn“, sagte Lauterbach. Mit Auf­frischimpfung habe man nur noch ein geringes Risiko, sich zu infizieren, und ein noch geringeres Risiko, sich so zu infizieren, dass man für andere ansteckend sei. „Somit ist das ein hohes Sicherheitsniveau.“

Für medizinische Einrichtungen sei das Restrisiko aber nicht zu tragen – also solle eine solche Befreiung von der Testpflicht nicht für Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäuser gelten. Der Vorteil einer Befreiung sei, dass die Boosterimpfung dann noch attraktiver werde als ohnehin schon.

Der Frankfurter Virologe Martin Stürmer warnte heute vor Lockerungen für Geboosterte. Selbst wenn es unmittelbar nach der Auffrischungsimpfung einen guten Schutz gegen die Virusweitergabe auch bei der neuen Coronavariante Omikron gebe, sei die Datenlage noch zu unsicher, sagte er ZDF-heute.de.

Er würde zum jetzigen Zeitpunkt dafür plädieren, „eher präventiv zu argumentieren – entsprechend die Kontakte zu reduzieren, keine Lockerungen für Geboosterte durchzuführen und die Testkapazitäten auszunut­zen, um möglichst viel zu erfahren.“

„Eine solche Maßnahme würde dazu beitragen, dass die Omikron-Welle sogar früher kommt“, sagte auch Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Die Idee habe für die Delta-Variante des Coronavirus Sinn gemacht, sagte er. Dreifach Geimpfte seien gegen diese Variante so gut geschützt, dass sie kaum noch zum Infektionsgeschehen beitrügen. „Aber diese Überlegungen haben sich mit Omikron komplett erledigt.“

„Was für eine irrsinnige Idee in der aktuellen Lage und der aktuellen Gefahr durch Omikron: die Test­pflicht abschaffen“, twitterte die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek. „Ich hoffe nicht auch in Kranken­häusern oder Alten-/Pflegeheimen?“, fragte die Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt in ihrem Tweet.

Die deutschen Amtsärzte warnten ebenfalls vor einem übereilten Ende der Testpflicht für Menschen mit Auffrischimpfung. „Es ist verfrüht, Menschen mit Boosterimpfung von der Testpflicht zu befreien“, sagte die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst (BVÖGD), Ute Teichert, der Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Es wäre klüger, abzuwarten, wie sich die Pandemie in den kommenden Wochen entwickelt.“

Teichert sieht die Pläne mit Sorge: Die Omikron-Variante sei auf dem Vormarsch und es sei noch unklar, wie gut die Auffrischungsimpfungen dagegen wirkten. „Solange wir nicht genügend Daten haben, um dies sicher sagen zu können, sollten wir keine voreiligen Schritte gehen“, mahnte Teichert. Es wäre falsch, zu diesem Zeitpunkt bewährte Instrumente wie die Schnelltests aus der Hand zu geben. Je breiter ge­testet werde, desto besser könnten Infektionen entdeckt und Infektionsketten nachverfolgt werden.

Der Präsident des Deutschen Landkreistags stellte sich dagegen hinter Lauterbachs Vorhaben: „Es ist gut nachvollziehbar, für Geboosterte die Testpflicht entfallen zu lassen“, sagte Landkreispräsident Reinhard Sager den Funke-Zeitungen. Der Schutz sei mit der dritten Impfung deutlich wirksamer.

Die Linksfraktion lehnt einen Wegfall der Testpflicht für Menschen mit Boosterimpfung ab. Es sei richtig, Anreize für das Impfen zu schaffen, sagte Fraktionschefin Amira Mohamed Ali, aber „der falsche Weg ist, Anreize dafür zu schaffen, dass man sich nicht testen lässt“. Dies erhöhe nur die Unsicherheit und das Infektionsrisiko dort, wo Tests auch für Geimpfte bisher vorgeschrieben sind.

dpa/may

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