Ärzteschaft

Reinhardt hält Legalisierung von Cannabis weiterhin für falsch

  • Dienstag, 23. September 2025
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer /picture alliance, photothek.de, Amrei Schulz
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer /picture alliance, photothek.de, Amrei Schulz

Berlin – Bundesärztekammerpräsident Klaus Reinhardt hält die Legalisierung von Cannabis weiterhin für falsch. „Die bisherige Evidenz, die ich kenne, spricht nicht dafür, dass die Harm Reduction, die wir durch die Legalisierung erreichen, den Schaden, den wir unter Umständen an anderer Stelle auslösen, überwiegt.“

Darüber gebe es allerdings auch unterschiedliche Auffassungen. „Wir werden sehen, was passiert“, sagte Reinhardt bei einer Pressekonferenz zum Deutschen Suchtkongress, der von Montag bis Mittwoch in Berlin stattfindet.

Auffällig sei, dass die Menge des importierten Medizinalcannabis zwischen dem ersten Quartal 2024 und dem ersten Quartal 2025 von rund acht Tonnen auf rund 37 Tonnen gestiegen sei. Zahlreiche Onlineanbieter verordneten Cannabisblüten auf Privatrezept und verschickten es in Deutschland.

Zwar sei es angemessen, dass Ärztinnen und Ärzte und Patientinnen und Patienten in bestimmten Fällen auf Medizinalcannabis zurückgreifen könnten, beispielsweise bei Therapie chronischer Schmerzen, sagte Reinhardt.

„Aber das was daraus geworden ist, ist ein Markt. Das muss man definitiv sagen. Insofern sind wir der Auffassung, dass es klug und richtig wäre, auch an dieser Stelle einen Schritt zurück zu gehen und die Verordnung von Medizinalcannabis wieder BTM-pflichtig zu gestalten.“

So könnten diejenigen, die einen medizinischen Nutzen davon haben, es auch weiterhin bekommen. Der Onlinehandel und das Onlineverordnen dieser Substanzen müssten aber eingeschränkt werden. „Das ist nicht im Sinne der eigentlichen Intention des Gesetzes gewesen.“

Bei anderen Fragen bezüglich der Cannabislegalisierung müsse man die Ergebnisse von Studien abwarten, sagte Reinhardt. Sollte sich herausstellen, dass der Mehrwert nicht der war, den man sich vorgestellt habe, sollte der Gesetzgeber auch den Mut haben, wieder einen Schritt zurückzugehen. „Dafür plädieren wir unverändert.“

Im April 2024 ist in Deutschland das Cannabisgesetz in Kraft getreten. Damit wurde unter anderem der Besitz und auch der Anbau unter bestimmten Bedingungen legal. Mit der Streichung von Cannabis von der Betäubungsmittelliste boomen Onlineportale, die die Droge auf Privatrezept an Selbstzahler verkaufen.

Dabei ist es oft ausreichend, einen Fragebogen auszufüllen, um eine Verordnung zu erhalten und die Ware auf dem Postweg zugesendet zu bekommen. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will diesen florierenden Onlinehandel unterbinden.

Der Bundesdrogenbeauftragte Hendrik Streeck (CDU) wollte auf der Pressekonferenz die Cannabislegalisierung zunächst nicht bewerten. Er sagte: „Ich möchte zunächst erstmal mir die Daten anschauen. Ich möchte die Zwischenevaluation abwarten und alle wissenschaftlichen Erkenntnisse mir anschauen, bevor ich mich dezidiert dazu äußern werde.“ Anfang Oktober wird ein erster Zwischenbericht der Evaluation des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) erwartet.

Auf dem Suchtkongress werden auch Daten aus dem Epidemiologischen Suchtsurvey (ESA) 2024 vorgestellt, die kürzlich im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht wurden. Demnach hatten zuletzt 9,8 Prozent der Menschen in Deutschland zwischen 18 und 64 Jahren innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten mindestens ein Mal Cannabis konsumiert.

In der frühen Phase der Legalisierung sei damit kein wesentlicher Anstieg im Vergleich zu 2021 festzustellen, sagte Eva Hoch, Co-Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie.

Die 12-Monate-Prävalenz bei Amphetamin lag bei 0,7 Prozent, bei Kokain/Crack 1,1 Prozent, bei Heroin/anderen Opioiden bei 0,8 Prozent. Eine Alkoholabhängigkeit lag bei 4,2 Prozent der Befragten vor (Tabak 8,3 Prozent, Cannabis 1,0 Prozent, Amphetamine 0,1 Prozent, Analgetika 2,8 Prozent).

fri

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