Reisemedizin: Zika-Virus Ausbruch in Polynesien
Stockholm – Nach den ersten Erkrankungen von Touristen in Japan, Kanada und Deutschland ist eine seit Monaten auf Französisch-Polynesien andauernde Epidemie mit dem Zika-Virus für das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) zum Thema geworden. Es hält neben importierten Erkrankungen sogar eine autochthone Ausbreitung in Europa für möglich.
Das Zika-Virus wurde 1947 im Zika Forest in Entebbe/Uganda bei einem Rhesusaffen entdeckt. Affen gelten als das wahrscheinliche Reservoir des Flavivirus, das mit den Erregern von Dengue, Gelbfieber, West-Nil-Fieber und der Japanischen Enzephalitis verwandt ist. Wie diese wird das Zika-Virus durch Stechmücken der Gattung Aedes übertragen, die nicht nur in der Dämmerung, sondern auch tagsüber stechen.
Bis 2007 wurde das Zika-Virus nur in Afrika und Südasien beobachtet, wo es serologischen Studien zufolge weit verbreitet ist, aber äußerst selten zu Erkrankungen führt. Nur etwa ein Dutzend Erkrankungen waren bis 2007 dokumentiert, als es an einem unerwarteten Ort, den Yap-Inseln in Mikronesien, zu einer Epidemie mit 185 Erkrankungen kam.
Im Oktober 2013 ist das Zika-Virus dann erneut in Französisch-Polynesien ausgebrochen, einer Inselgruppe, zu der unter anderem Tahiti gehört. Bis zum 7. Februar 2014 wurden 8.262 Verdachtsfälle registriert. Weitaus mehr Menschen, nämlich 28.000 (11,5 Prozent der Bevölkerung) sollen sich wegen Symptomen in ärztliche Behandlung begeben haben, die mit einer Infektion mit dem Zika-Virus vereinbar sind.
Die meisten Erkrankungen verlaufen milde. Neben einem leichten Fieber kommt es zu einem makulopapulösen Exanthem, einer Konjunktivitis, Arthralgien, Kopfschmerzen und zu distalen Ödemen. Eine Hospitalisierung ist in der Regel nicht erforderlich. In seltenen Fällen kann es jedoch zu Komplikationen mit neurologischen Symptomen oder Autoimmunreaktionen kommen.
Nach Angaben der polynesischen Behörden wurden bisher 38 Patienten mit einem Guillain–Barré Syndrom (GBS) und 25 Patienten mit neurologischen Komplikationen (Enzephalitis, Meningoenzephalitis, Parästhesie, Fazialisparese und Myelitis) behandelt. Vier hatten eine thrombozytopenische Purpura, zwei Augenerkrankungen und einer eine kardiale Komplikation.
Die Epidemie hat seit November auf Neukaledonien übergegriffen, das mehrere tausend Kilometer von Polynesien entfernt ist aber ebenfalls zu Frankreich gehört. Kürzlich sind die ersten beiden importierten Infektionen bei Touristen in Japan aufgetreten. Auch in Kanada und im November in Deutschland wurden bei zwei Touristen Zika-Viren nachgewiesen.
Beide hatten sich zwar nicht in Polynesien, sondern in Thailand angesteckt, die European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) in Stockholm hält es jedoch für möglich, dass Viren aus Polynesien nach Europa eingeschleppt werden. Ärzte, die Patienten mit unklaren neurologischen Befunden oder Autoimmunreaktionen wie dem GBS behandeln, sollten an die Möglichkeit einer Zika-Virus-Infektion denken.
Blutspendedienste sollten auch vermeintlich gesunde Touristen in den ersten 28 Tagen nach der Rückkehr aus den Risikogebieten nicht als Spender akzeptieren, rät die ECDC. Einige europäische Labors verfügen über die Möglichkeit zum Erregernachweis mittels Gensonde. Nähere Informationen sind über das European Network for Diagnostics of "Imported" Viral Diseases (ENIVD) erhältlich.
Experimente haben laut der ECDC gezeigt, dass die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) Zika-Viren übertragen kann. Aedes albopictus hat sich in den letzten Jahren zunehmend in Europa ausgebreitet. Damit wären die Voraussetzungen für eine authochthone Infektionskette gegeben. Aufgrund der kalten Witterung ist dies derzeit nicht zu befürchten. Im kommenden Sommer könnte sich dies allerdings rasch ändern.
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