Ritalin: Studie sieht kein Drogenrisiko
Los Angeles – Da Methylphenidat (Ritalin) und andere Psychostimulanzien auf das Belohnungssystem wirken, besteht die Sorge, dass die langjährige Verordnung einem späteren Drogenrisiko Vorschub leisten könnte. Dies war in einer aktuellen Meta-Analyse in JAMA Psychiatry (2013; doi: 10.1001/jamapsychiatry.2013.1273) jedoch ebenso wenig erkennbar wie eine protektive Wirkung.
Methylphenidat gehört chemisch zu den Amphetaminen, für die eine zumindest psychische Abhängigkeit („Speed“) bekannt ist. In tierexperimentellen Studien hat Methylphenidat bei Ratten die Konsumbereitschaft der noch stärkeren Psychostimulanz Kokain gefördert. In einer prospektiven klinischen Studie war der späte Beginn einer Behandlung mit einem erhöhten Risiko auf den Konsum illegaler Drogen verbunden.
Es gibt aber auch Hinweise, dass nicht die Medikation, sondern die Indikation, die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), die Jugendlichen zum Drogenkonsum verleitet haben könnte und dass eine frühzeitige Behandlung dies möglicherweise verhindern könnte. Zu diesem günstigen Fazit war eine frühere Meta-Analyse in Pediatrics (2003; 111: 179-185) gekommen. Die Hersteller verteilen sie als Beleg für einen Zusatznutzen des Medikaments an Ärzte.
Kathryn Humphreys von der Universität von Kalifornien in Los Angeles und Mitarbeiter fanden in ihrer aktuellen Meta-Analyse jedoch weder Hinweise auf ein Risiko noch auf eine protektive Wirkung. Die Studie basiert auf 15 Langzeituntersuchungen aus den USA, Kanada und Deutschland, in denen die Kinder im Durchschnitt acht Jahre bis ins junge Erwachsenenalter begleitet wurden.
Die einzelnen Studien waren jedoch klein und bei insgesamt 2.565 Teilnehmern waren die 95-Prozent-Konfidenzintervalle breit gestreut. So ermittelt Humphreys eine Odds Ratio von 1,10 auf einen späteren Kokainkonsum. Es könnte auch eine protektive Wirkung um 49 Prozent oder ein 2,38-fach erhöhtes Risiko vorliegen.
Auch beim Nikotinkonsum (Odds Ratio 1,34; 0,90-1,99) bleibt eine fördernde Wirkung der stimulierenden Medikamente auf das Rauchen vorstellbar, während die Bedenken bei Alkohol (Odds Ratio 0,80; 0,46-1,38) und Marihuana (Odds Ratio 0,97; 0,59-1,59) geringer sein dürften.
Insgesamt ist die Datenlage jedoch – angesichts einer Verordnungshäufigkeit in den USA von 11 Prozent in der Gruppe von 4 bis 17 Jahren – spärlich. Mit Sicherheit lässt sich derzeit nur sagen, dass es nicht die letzte Meta-Analyse zu dieser Fragestellung gewesen sein dürfte.
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