Politik

Rösler verteidigt Landarztquote

  • Mittwoch, 7. April 2010
Philipp Rösler /ddp
Philipp Rösler /ddp

Berlin – Bundes­gesund­heitsminister Philipp Rösler (FDP) hat seinen Vorschlag verteidigt, die Tätigkeit des Landarztes durch eine Reform des Medizinstudiums attraktiver zu machen.

Eine Landarztquote sei nur Teil eines Bündels von Maßnahmen zur Bekämpfung des Ärztemangels auf dem Land, sagte Rösler am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin. Kritik an dem Vorhaben kam aus der SPD und Teilen der CDU.

Als weitere Maßnahme nannte Rösler die Abschaffung des Numerus Clausus für Medizin-Studiengänge. Die Durchschnittsnote sage nichts darüber aus, ob jemand ein guter Arzt sein könne, sagte Rösler. Zudem müsse die Zahl der Studienplätze erhöht werden. Rösler hatte vorgeschlagen, bei der Vergabe von Medizin-Studienplätzen jene Anwärter zu bevorzugen, die sich für einige Jahre als Landarzt verpflichten.

Rückendeckung bekam Rösler vom CDU-Gesundheitsexperten Jens Spahn. „Wir benötigen kreative Lösungen“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ vom Mittwoch. Zum Problem, dass die Quotenstudenten während der Ausbildung ihre Entscheidung für die Landarztverwendung revidieren könnten, sagte Spahn: „Wir werden am Ende niemanden zwingen können, aufs Land zu gehen.“ Allerdings solle eine Kostenbeteiligung am Studium fällig werden, wenn ein Arzt, der den Studienplatz über die Landarzt-Quote erhalten hat, hinterher nicht aufs Land gehen will.

„Quoten helfen uns überhaupt nicht weiter“, sagte hingegen der niedersächsische Wissenschaftsminister Lutz Stratmann (CDU) der „Financial Times Deutschland“ vom Mittwoch. „Das Problem sind die Arbeitsbedingungen von Ärzten.“ Eine deutliche Ausweitung der von Rösler vorgeschlagenen Quote sei jedoch weder mit der Freiheit der Lehre vereinbar, noch passe sie zur Lebenswirklichkeit von Studienanfängern.
 

Auch der CDU-Gesundheitspolitiker Rudolf Henke äußerte in der „FTD“ Zweifel, „ob sich jemand mit 18, 19 oder 20 Jahren darauf festlegen will, zeitlebens eine Landarztpraxis zu führen“. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach kritisierte Röslers Vorstoß für eine Landarztquote als einen „Ostergag“.

„Wir müssen netto die Zahl der Ärzte erhöhen“, fordert er in der „Passauer Neuen Presse“. In den 80er-Jahren habe es 12.000 Studienplätze allein in Westdeutschland gegeben, inzwischen sei die Zahl gesamtdeutsch auf 9.000 gesunken. Viele der Studenten blieben nicht im Beruf.

Unterdessen bekräftigte die Bundesärztekammer ihre Unterstützung für Röslers Vorschlag. „Ein Studienplatzkontingent für jene ist vernünftig, die sich bereit erklären, nach dem Studium auf dem Land zu praktizieren“, sagte Vizepräsident Frank Ulrich Montgomery den in Dortmund erscheinenden „Ruhr Nachrichten“ vom Mittwoch. Allerdings sei dies nicht „der Stein der Weisen“. Die Kommunen müssten die Arbeitsbedingungen auf dem Land verbessern.

Einen Bedarf an einer Vermehrung der Studienplätze seiht Montgomery nicht. Stattdessen müssten vor Beginn eines Studiums Motivation und soziale Kompetenz der Anwärter geprüft werden und „nicht nur die Abiturnote alleine“, sagte Montgomery im Deutschlandfunk. 

Er forderte Anreize für Absolventen, um sie in der Medizin zu halten und etwa das Arbeiten auf dem Land attraktiv zu machen. „Man muss auch die Frage stellen, ob wir uns wirklich leisten können, dass 40 Prozent derjenigen, die das Medizinstudium anfangen, am Ende nicht in der Medizin arbeiten wollen.“ Es gelte, die Studien- und Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Der Chef des Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, betonte in der „Frankfurter Rundschau“ vom Mittwoch, Landärzte benötigten finanzielle Sicherheit. Ein angehender Hausarzt müsse kalkulieren können, wie viel Geld er bekomme, sagte Weigeldt. Ohne finanzielle Sicherheit werde kaum noch ein Arzt das Wagnis einer Praxisgründung auf dem Land eingehen.

Weigeldt beklagte: „Hausärzte arbeiten derzeit mehr und verdienen weniger als Fachärzte.“ Das System benachteilige die Landärzte, die viele Menschen versorgen. Je mehr Menschen sie behandelten, desto schlechter würden sie honoriert.

Die Linken-Gesundheitsexpertin Martina Bunge warf Rösler vor, mit seinem Vorstoß von der NRW-Wahl von seinen Plänen zur Einführung einer Kopfpauschale abzulenken zu wollen.  

Als ein erstes richtiges Signal zum Umdenken bei der Auswahl des ärztlichen Nachwuchses bezeichnete der Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands (NAV-Virchow-Bund) den Vorstoß Röslers. Von 100 Studienanfängern kämen nur knapp 60 als Ärzte in der Versorgung an, hieß es in einer Erklärung. Offenbar sei die bisherige Auswahl nicht treffsicher genug.

ddp/afp

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