Rollstuhlfahrer benötigen Physiotherapie-Programme für die Schulter

Heidelberg – Rund zwei Drittel der Querschnittgelähmten in Deutschland ziehen sich im Laufe ihres Lebens Sehnenrisse in der Schultermuskulatur zu. Das ist viermal häufiger als bei Menschen, die nicht auf den Rollstuhl angewiesen sind. Das berichtete kürzlich der Heidelberger Orthopäde Michael Akbar.
„Die Studien zeigen mit erschreckender Deutlichkeit, dass Querschnittgelähmte nicht allein unter chronischen Schmerzen leiden. Tatsächlich sind Verletzungen der Schultermuskulatur ein unterschätztes Problem, das die Selbstständigkeit, Mobilität und Lebensqualität massiv beeinträchtigen kann und dem bisher noch viel zu wenig entgegengesetzt wird“, erklärte der Leiter des Wirbelsäulenzentrums an der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg.
Das Antreiben des Rollstuhls, Stemmen des eigenen Körpergewichts sowie häufiges Heben des Armes über Schulterhöhe und über Kopf beanspruchen die Schultergelenke. Die Häufigkeit von Schulterverletzungen ermittelte Akbar unter anderem in einer Vergleichsstudie mit 100 paraplegischen Patienten (Durchschnittsalter 52 Jahre, durchschnittliche Lähmungsdauer 34 Jahre) und 100 nicht gelähmten Probanden im selben Alterspektrum. Die Schultergelenke wurden jeweils klinisch und mittels Kernspintomografie untersucht.
Bei 63 Prozent der Querschnittgelähmten fand sich auf mindestens einer Seite ein Sehnenriss der schulterumgreifenden Muskulatur, in der Kontrollgruppe bei 15 Prozent. Gleichzeitig waren die querschnittgelähmten Patienten mit Sehnenriss deutlich jünger als Betroffene aus der Kontrollgruppe.
Als Konsequenz seiner Ergebnisse regt er die Entwicklung spezieller Trainingsprogramme für Rollstuhlfahrer an, um gezielt die Schultermuskulatur zu stärken und das Schultergelenk vor Überlastung zu schützen. Die Trainingsprogramme werden laut Akbar aktuell von der Deutschsprachigen Medizinischen Gesellschaft für Paraplegiologie (DMGP) ausgearbeitet.
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