Affenpocken: WHO ruft nach Infektion eines Hundes zur Vorsicht auf

Genf – Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Menschen mit einer Affenpockeninfektion dazu aufgerufen, sich von ihren Haustieren fernzuhalten, um eine mögliche Übertragung des Virus zu vermeiden.
Die für Affenpocken zuständige WHO-Expertin Rosamund Lewis verwies gestern in Genf auf den ersten Fall einer Übertragung des Affenpockenvirus vom Menschen auf einen Hund, über den vergangene Woche in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet (Lancet 2022; DOI: 10.1016/S0140-6736(22)01487-8) berichtet worden war.
„Dies ist der erste gemeldete Fall einer Mensch-zu-Tier-Übertragung“, sagte Lewis. „Wir glauben, dass es der erste Fall ist, in dem ein Hund infiziert wurde.“ Bei dem Fall handelt es sich um zwei in Paris lebende Männer und ihren Hund der Rasse „Italienisches Windspiel“.
Experten seien sich des theoretischen Risikos bewusst gewesen, dass es eine derartige Übertragung geben könne. Öffentliche Gesundheitsbehörden würden Betroffene bereits darauf hinweisen, dass sie sich von ihren Haustieren fernhalten sollten, sagte Lewis.
Wichtig sei im Infektionsfall auch das „Abfallmanagement“, um das Risiko zu verringern, dass sich Nagetiere und andere Tiere außerhalb des Haushalts mit dem Virus infizieren. Betroffene müssten darüber informiert werden, wie sie ihre Tiere schützen können und wie sie mit ihrem Abfall umgehen, „damit Tiere grundsätzlich nicht dem Affenpockenvirus ausgesetzt werden“.
Wenn Viren auf eine andere Spezies überspringen, besteht die Sorge, dass sie zu einer gefährlicheren Variante mutieren können. Die Sorge der WHO gilt jedoch vor allem Tieren, die nicht mit dem Menschen zusammenleben. Gefährlicher sei es dort, „wo ein Virus in eine kleine Säugetierpopulation mit einer hohen Tierdichte eindringt“, sagte WHO-Notfalldirektor Michael Ryan. „Durch den Prozess, dass ein Tier das nächste und das nächste und das nächste ansteckt, kommt es zu einer schnellen Evolution des Virus“, erklärte er.
In Bezug auf Haustiere gebe es wenig Grund zur Besorgnis, sagte Ryan. Er gehe nicht davon aus, „dass sich das Virus bei einem einzelnen Hund schneller entwickelt als bei einem einzelnen Menschen“, sagte er. „Wir müssen zwar wachsam bleiben“, sagte er, aber „Haustiere stellen kein Risiko dar“.
Bei den Affenpocken handelt sich um eine weniger gefährliche Verwandte der seit etwa 40 Jahren ausgerotteten Pocken. Ihren Namen erhielten sie, weil das Virus ursprünglich 1958 bei Affen entdeckt wurde. Die Krankheit kommt aber auch bei anderen Tieren vor.
Die WHO hat unterdessen auch nach Meldungen von Impfdurchbrüchen davor gewarnt, das Impfen als Allheilmittel zu betrachten. Sie betonte, dass noch keine randomisierten, kontrollierten Studien vorliegen, aber die Meldungen legten nahe, dass man sich nicht auf den Impfschutz alleine verlassen sollte, sagte die WHO-Affenpocken-Expertin Rosamund Lewis.
„Wir haben von Anfang an gewusst, dass dieser Impfstoff kein Allheilmittel sein würde, dass er nicht alle Erwartungen erfüllen würde, die in ihn gesetzt werden“, sagte Lewis. Das sei aber auch nicht zu erwarten gewesen. Impfdurchbrüche würden sowohl bei Menschen gemeldet, die nach einem möglichen Kontakt mit einem Infizierten geimpft wurden als auch bei jenen, die sich vorsorglich hatten impfen lassen.
Lewis betonte, dass Geimpfte mindestens zwei Wochen nach der zweiten Impfdosis warten müssen, damit der Stoff seine volle Wirksamkeit entfalten könne, ehe sie sich riskantem Verhalten aussetzen. Mehr als 90 Prozent der Affenpockenfälle werden bei Männern gemeldet, die häufigen Sex mit wechselnden Partnern haben. Sie rief diese Männer auf, die Zahl ihrer Sexualpartner zu reduzieren und Gruppensex zu vermeiden.
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) erfolgt eine Grundimmunisierung für Erwachsene, die in der Vergangenheit keine Pockenimpfung erhalten haben, mit zwei Impfstoffdosen Imvanex im Abstand von mindestens 28 Tagen.
Während die erste Impfstoffdosis bereits einen guten Basisschutz vermittle, diene die zweite Dosis dazu, die Dauer des Impfschutzes zu verlängern. Bei Menschen, die in der Vergangenheit gegen Pocken geimpft worden seien, reiche eine Impfstoffgabe aus.
Der WHO wurden bis gestern mehr als 35.000 Affenpockennachweise aus 92 Ländern gemeldet. Zwölf Menschen kamen uns Leben. Innerhalb einer Woche waren es 7.500 Fälle, 20 Prozent mehr als in der Vorwoche. In Deutschland waren laut RKI 3.213 insgesamt Affenpockenfälle gemeldet worden. Luxemburg meldete gestern, dass die infektion bei einem Kleinkind nachgewiesen worden ist.
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