Ausland

Chronic Wasting Disease: Übertragung auf Menschen möglich?

  • Montag, 13. Mai 2024
/picture alliance, Duluth News Tribune, Steve Kuchera
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San Antonio – Zwei Menschen haben sich in den USA möglicherweise mit der Chronic Wasting Disease (CWD, dt.: Chronische Auszehrkrankheit) infiziert – eine Erkrankung, die normalerweise bei Rotwild auftritt. Das legt eine kürzlich veröffentlichte Untersuchung von den im Jahr 2022 aufgetretenen Fällen nahe (Neurology 2024; DOI: 10.1212/WNL.0000000000204407).

Die CWD ist eine Prionenkrankheit, die bei Hirschen, Rentieren und Elchen auftritt. Wie die Bovine spongifor­me Enzephalopathie (BSE) und die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit zählt die CWD zu den transmissiblen spongi­formen Enzephalopathien. Frühe Symptome sind Apathie, Verwirrtheit und motorischen Störungen. Im späten Stadium magern die erkrankten Tiere ab. Bislang war keine Übertragung auf den Menschen bekannt.

Forschende der University of Texas Health San Antonio berichten nun von zwei möglichen Übertragungs­fäll­en. Ein 72-jähriger Mann hatte im Jahr 2022 Fleisch von einer CWD-Infizierten Hirschpopulation gegessen und anschließend eine Verwirrtheit und Aggressivität entwickelt.

„Sein Freund, der ebenfalls Wildfleisch aus derselben Hirschpopulation verzehrt hatte, war vor kurzem an der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit gestorben, was Bedenken hinsichtlich eines möglichen Zusammenhangs zwi­schen CWD und menschlicher Prionenerkrankung aufkommen ließ“, schreibt das Forschungsteam.

Zwar sei die Diagnose Creutzfeldt-Jakob-Krankheit postmortal anhand von homozygotem Methionin in Codon 129 (sCJDMM1) bestätigt worden, allerdings sei aufgrund der Ähnlichkeit der Prionproteine eine CWD nicht auszuschließen, erklärt die Forschenden weiter. Sie empfehlen weitere Untersuchungen zu dem potenziellen Übertragungsrisiko beim Verzehr von infiziertem Fleisch.

„Nach unserem Kenntnisstand gibt es keinen wissenschaftlichen Hinweis, dass die beiden Männer sich tat­sächlich mit CWD infiziert haben und daran gestorben sind“, so das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) auf Anfrage. Zwar könne eine Übertragung nicht mit völliger Sicherheit ausgeschlossen werden, allerdings scheine die Barriere zur Übertragung vom Tier auf den Menschen sehr hoch.

Zu diesem Ergebnis kommt auch eine 2023 publizierte Übersichtsarbeit (MDPI 2023; DOI: 10.3390/foods12040824). „Die meisten experimentellen Daten deuten darauf hin, dass das Zoonoserisiko von CWD sehr gering ist“, heißt es hier. Das Wissen über die CWD sei jedoch noch unvollständig (zum Beispiel zu Ursprung, Übertragungseigenschaften und Ökologie).

Die norwegischen Autoren Michael A. Tranulis und Morten Tryland empfehlen daher Vorsichtsmaßnahmen, um die Exposition des Menschen zu minimieren. Den aktuellen Fall hält der Veterinärmediziner Tranulis für sehr interessant und erklärt ebenfalls, dass es weitere Untersuchungen brauche. „Die Exposition von Menschen und Tier gegenüber diesem Pathogen sollte auf ein absolutes Minimum reduziert werden“, sagte Tranulis dem Deutschen Ärzteblatt.

In Norwegen hatte es 2016 die ersten CWD Fälle in Europa gegeben – zunächst bei Rentieren, später auch bei Rotwild und Elchen. Tranulis hat schon zuvor zu Prionenkrankheiten geforscht und seit dem ersten Auftreten von CWD zu wissenschaftlichen Gutachten und Bewertungen für die norwegischen Behörden für Lebens­mittelsicherheit beigetragen. In Deutschland gibt es bisher keine bekannten Fälle. In den USA ist CWD ist in den USA bereits in den 1960er Jahren aufgetreten und hat sich dort mittlerweile verbreitet.

mim

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