EMA hält an positivem Votum für Alzheimer-Antikörper Lecanemab fest

Amsterdam – Das Zerren um die Zulassung der ersten kausal wirkenden Alzheimertherapie in der Europäischen Union (EU) geht in die nächste Runde. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) sieht keinen Grund, ihre im November ausgesprochene Empfehlung zur Zulassung von Lecanemab zu ändern oder zu aktualisieren.
Der Arzneimittelausschuss (CHMP) habe eine entsprechende Stellungnahme an die Europäische Kommission geschickt, teilte die EMA heute mit. Diese werde nun den Entscheidungsprozess für Lecanemab (Handelsname Leqembi) wieder aufnehmen.
Die EU-Kommission als Zulassungsbehörde hatte im Januar den CHMP gebeten, sein eigenes positives Votum zu überprüfen. Dabei ging es laut EMA unter anderem um die Frage, ob Sicherheitsinformationen, die erst nach November 2024 zur Verfügung standen, ein Update der Empfehlung nötig machen.
Zudem sollte der CHMP prüfen, ob Formulierungen zu Maßnahmen der Risikominimierung klar genug sind, um eine korrekte Umsetzung zu gewährleisten. „Der CHMP hat dieses Ersuchen nun geprüft und ist zu dem Schluss gekommen, dass sein Gutachten vom November (...) nicht aktualisiert werden muss“, teilte die EMA mit.
Details zu ihrer Stellungnahme nannte die EMA auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes nicht. „Die EMA wird die Einzelheiten der Bewertung, einschließlich des CHMP-Bewertungsberichts, veröffentlichen, sobald die Europäische Kommission eine Entscheidung über die Empfehlung der EMA zur Marktzulassung getroffen hat“, teilte ein Sprecher mit.
Der CHMP hatte im Juli vergangenen Jahres der EU-Kommission zunächst empfohlen, Lecanemab in der EU nicht zuzulassen. Mitte November revidierte der Ausschuss dann sein negatives Votum und empfahl die Zulassung des Alzheimerantikörpers – allerdings nur zur Behandlung eines begrenzten Personenkreises.
Normalerweise gilt es als eine Art Formsache, dass die EU-Kommission Medikamente zeitnah zulässt, die der CHMP empfohlen hat. Bei Lecanemab ist das nun anders.
Ein Mitgliedstaat habe Fragen zur CHMP-Bewertung und zum Entwurf der Kommissionsentscheidung, teilte die EU-Kommission Mitte Januar mit. Um welchen Mitgliedsstaat es sich handelt und welche Fragen konkret gestellt wurden, ist nicht bekannt.
Der CHMP hatte die Zulassung des Antikörpers Lecanemab zur Behandlung von leichter kognitiver Beeinträchtigung (Gedächtnis- und Denkstörungen) oder leichter Demenz in einem frühen Stadium der Alzheimer-Krankheit für Betroffene empfohlen, die nur eine oder keine Kopie von ApoE4, einer bestimmten Form des Gens für das Protein Apolipoprotein E, haben.
Denn das Risiko für das Auftreten von „Amyloid-related imaging abnormalities“ (ARIA, Amyloid-assoziierte Veränderungen in der Bildgebung) sei bei Personen, die zwei Kopien des ApoE4-Gens tragen, besonders groß. Bei Patienten mit nur einer oder keiner ApoE4-Kopie seien diese gefährlichen Nebenwirkungen aber weniger wahrscheinlich.
Mit einer Zulassung wäre Lecanemab hierzulande das erste Alzheimermedikament, das die Krankheit ursächlich bekämpft. Die Antikörper richten sich im Gehirn gegen das Protein Amyloid-beta und sorgen für dessen Abbau.
Amyloid-Plaques werden bei Alzheimer mit der Zerstörung von Nervenzellen in Verbindung gebracht. Die Therapie – Kostenpunkt: rund 26.500 US-Dollar pro Jahr in den USA – bessert zwar nicht die Symptome, kann den Krankheitsverlauf aber im Frühstadium etwas abbremsen.
Infrage käme der Antikörper nur für einen sehr begrenzten Kreis von Alzheimerpatienten, nach Einschätzung von Experten für weniger als zehn Prozent. In Deutschland sind Schätzungen zufolge etwa eine Million Menschen von der Krankheit betroffen.
Lecanemab steht in den USA schon seit Anfang 2023 zur Verfügung, auch in Japan, China, und Israel ist das Mittel zugelassen.
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