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Erfolge für US-Abtreibungs­befürworter in Referenden, aber Scheitern in Florida

  • Mittwoch, 6. November 2024
/picture alliance, ZUMAPRESS.com, Candice Tang
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Washington – Bei parallel zur US-Präsidentschaftswahl abgehaltenen Referenden haben die Wähler in mehreren Bundesstaaten für ein liberales Abtreibungsrecht gestimmt. Darunter war etwa Missouri, wo es bislang eine der drakonischsten Gesetzgebungen gegen den Schwangerschaftsabbruch im Land gibt. In Florida scheiterte aller­dings eine Initiative zur Lockerung der strikten Abtreibungsregeln.

In insgesamt zehn Bundesstaaten wurde über das Abtreibungsrecht abgestimmt. Dabei votierten neben Missouri auch in Arizona, Colorado, Maryland und New York die Wähler für ein liberales Abtreibungsrecht. In anderen Bun­desstaaten standen die Ergebnisse der Referenden zunächst noch aus.

In Missouri wurde eine Änderung der Verfassung des Bundesstaates gebilligt, womit Schwangerschaften künftig bis zum Zeitpunkt der Lebensfähigkeit des Fötus abgebrochen werden dürfen. Dieser Zeitpunkt liegt etwa in der 24. Schwangerschaftswoche. Dies bedeutet eine Kehrtwende in Missouri, das bislang eine der schärfsten Abtrei­bungsgesetzgebungen des Landes hatte. Sogar Abbrüche in Fällen von Inzest und Vergewaltigung waren illegal.

Auch beispielsweise in Arizona stimmten die Wähler dafür, per Verfassungsänderung den Schwangerschafts­ab­bruch bis zum Zeitpunkt der Überlebensfähigkeit des Fötus zu erlauben. Zuletzt waren dort Abbrüche – mit wenigen Ausnahmen – nur bis zur 15. Schwangerschaftswoche legal.

In Florida hingegen verfehlte der Vorstoß, das dort geltende Abtreibungsverbot ab der sechsten Schwanger­schaftswoche zu kippen, die erforderliche Mehrheit. Mit dem Vorstoß sollten ebenfalls Abbrüche bis zum Zeitpunkt der Überlebensfähigkeit des Fötus erlaubt werden.

Laut US-Sendern sprachen sich zwar 57 Prozent in Florida für die Initiative aus. Für eine Änderung des gelten­den Rechts hätten aber 60 Prozent zustimmen müssen. Das war die höchste Zustimmungsschwelle aller Abtrei­bungsreferenden.

In Florida war erst im Mai das Gesetz in Kraft getreten, das Abbrüche ab der sechsten Schwangerschafts­woche verbietet. Zuvor waren sie dort bis zur 15. Woche erlaubt. In der Sechs-Wochen-Frist wissen viele Frauen noch nicht, dass sie schwanger sind.

Für Befürworter des Abtreibungsrechts ist das Scheitern der Gesetzesinitiative in Florida ein besonders harter Schlag. Florida ist umringt von anderen Staaten mit strikten Regelungen und hätte bei einem Erfolg des Refe­rendums eine Anlaufstelle für Abtreibungswillige im Südosten der USA werden können.

Wegen der hohen 60-Prozent-Schwelle und einer „Desinformationskampagne“ durch die konservative Regierung Floridas müssten die Frauen nun weiterhin „in Furcht, Unsicherheit und mit der Verweigerung von Gesundheits­versorgung leben“, beklagte die Vorsitzende der Frauenrechtsorganisation Center for Reproductive Rights, Nancy Northup.

Schwangerschaftsabbrüche waren in den USA fast 50 Jahre lang landesweit erlaubt. Vor zwei Jahren kippte dann jedoch der Oberste Gerichtshof das bundesweite Abtreibungsrecht, seither sind die einzelnen Bundesstaaten für die Gesetzgebung zuständig. Mehr als 20 Staaten haben die Bestimmungen seither verschärft.

Das Abtreibungsrecht spielte deshalb auch eine große Rolle im Präsidentschaftswahlkampf. Die Kandidatin der Demokraten, Kamala Harris, setzte sich vehement für die Wiederherstellung des landesweiten Abtreibungsrechts ein – und warf ihrem Widersacher Donald Trump vor, für dessen Abschaffung verantwortlich zu sein.

Trump hatte während seiner ersten Amtszeit als Präsident (2017-21) drei erzkonservative Richter für das Oberste Gericht nominiert und damit der Abschaffung des landesweiten Abtreibungsrechts den Weg gebahnt. Von der Ansetzung der Abtreibungsreferenden erhofften sich die Demokraten auch, zusätzliche Wähler für Harris mobili­sieren zu können.

Dies allerdings ohne Erfolg. Der Wahlsieg von Donald Trumps steht seit dem Mittag fest. Trump kündigte für seine zweite Amtszeit als US-Präsident eine radikale Agenda an, die Amerika und die Welt verändern könnte. Er stellte die „größte Deportation der Geschichte“ von Migranten aus den USA, das Ende des russischen Krieges in der Ukraine, hohe Einfuhrzölle und Steuersenkungen in Aussicht.

An Trumps Seite sind der Tech-Milliardär Elon Musk, den er mit dem Abbau von Staatsausgaben betrauen will, und der Impfgegner Robert F. Kennedy Jr., der eine Rolle im Gesundheitswesen bekommen soll. Trump leugnet die Klimakrise und kündigte einen drastischen Ausbau der Öl- und Erdgasförderung der USA an.

Trump versprach vor seinen Anhängern in Florida ein „goldenes Zeitalter“ für Amerika und sieht sich mit einem „beispiellosen Mandat“ an die Macht berufen. Er hatte im Juli ein Attentat bei einem Wahlkampfauftritt knapp überlebt.

Mit der neu eroberten Mehrheit der Republikaner im US-Senat könnte Trump mehr Spielraum für seine Initiati­ven bekommen. Die Demokraten seiner Gegenkandidatin Kamala Harris könnten nur ein Gegengewicht bilden, wenn sie es schaffen, sich das Repräsentantenhaus als zweite Kongress-Kammer zurückzuholen. Behalten die Republikaner die Kontrolle über das Abgeordnetenhaus, kann Trump durchregieren.

Mit der Senats-Mehrheit könnten die Republikaner die konservative Mehrheit im Obersten Gericht weiter aus­bauen, die die USA auf Jahrzehnte prägen wird. Die Richter am Supreme Court werden auf Lebenszeit ernannt.

Wer entschied die Wahl?

Der Ex-Präsident punktete im Wahlkampf mit Versprechen wie einer Halbierung der Energiekosten und schürte die Angst vor einer angeblicher Invasion krimineller Migranten. Er schnitt im Vergleich zur vorherigen Wahl vor vier Jahren besser bei Schwarzen und Latinos ab, die traditionell eine Bastion der Demokraten waren. Harris konnte dagegen Umfragen zufolge deutlich mehr Frauen gewinnen. Musk machte die Online-Plattform X, die er für 44 Milliarden Dollar noch als Twitter gekauft hatte, zu einer Wahlkampfmaschine für Trump.

In seiner ersten Amtszeit setzte Trump an der Südgrenze der USA harte Maßnahmen wie den Bau eines meter­hohen Zauns und die Trennung der Kinder von Migranten von ihren Eltern durch und wurde für seinen Umgang mit der Coronapandemie kritisiert. Aus Sicht der Demokraten disqualifizierte er sich als Politiker mit der Weigerung, die Niederlage bei der Wahl 2020 anzuerkennen und der Erstürmung des Kapitols in Washington durch seine Anhänger. Gegen Trump laufen mehrere Prozesse – die nun kein Thema mehr sein dürften.

afp/dpa

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