Ausland

Erste Hilfsgüter erreichen Gaza

  • Dienstag, 20. Mai 2025
Am Grenzübergang Kerem Shalom im Süden Israels sind Lastwagen mit humanitärer Hilfe für den Gazastreifen beladen. /picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Maya Alleruzzo
Am Grenzübergang Kerem Shalom im Süden Israels sind Lastwagen mit humanitärer Hilfe für den Gazastreifen beladen. /picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Maya Alleruzzo

Tel Aviv/Gaza – Angesichts des Vorgehens der israelischen Streitkräfte im Gazastreifen und der andauernden Notlage der Zivilbevölkerung wächst der internationale Druck auf Regierungschef Benjamin Netanjahu.

Nach Angaben einer israelischen Behörde erreichten zwar erstmals seit fast drei Monaten wieder Hilfsgüter das abgeriegelte Küstengebiet – aber nur in minimaler Menge.

Gleichzeitig läuft Israels neue Militäroffensive weiter. Die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Großbritannien und Kanada sprachen gestern Abend von einer „völlig unverhältnismäßigen“ Eskalation – und richteten eine Warnung an Netanjahus Regierung.

„Sollte Israel die erneute Militäroffensive nicht einstellen und die Beschränkungen der humanitären Hilfe nicht aufheben, werden wir mit weiteren konkreten Maßnahmen reagieren“, teilten Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer sowie sein kanadischer Amtskollege Mark Carney mit.

Netanjahu konterte, dass Israel nicht von seinen Kriegszielen abrücken und „sich weiterhin mit gerechten Mitteln verteidigen“ werde, „bis der vollständige Sieg errungen ist“. Was das bedeutet, hatte Netanjahu gestern ausgeführt: „Wir werden die Kontrolle über alle Gebiete des Gazastreifens übernehmen.“ Israelische Soldaten sollen nach seiner Vorstellung künftig in Gaza stationiert bleiben. Die Islamistenorganisation Hamas will Netanjahu komplett zerschlagen lassen.

UN zu Hilfslieferungen: „Tropfen auf heißen Stein“

Nach Angaben der für Palästinenserangelegenheiten zuständigen israelischen Behörde Cogat erreichten gestern fünf Lastwagen mit Hilfsgütern das dicht besiedelte Küstengebiet über den Grenzübergang Kerem Schalom. Israel will so nach eigenen Angaben eine Grundversorgung sicherstellen und eine Hungersnot im großflächig zerstörten Gazastreifen verhindern, wo es rund zwei Millionen Palästinensern nach mehr als anderthalb Jahren Krieg an so gut wie allem fehlt.

Aus Sicht der UN und Hilfsorganisationen sind diese Lieferungen aber bei weitem nicht ausreichend. UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher sagte, die Genehmigung einer Wiederaufnahme von „begrenzten“ Hilfen durch Israel sei zwar eine „willkommene Entwicklung“, die weitergehen müsse. „Aber dies ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein im Vergleich zu dem, was dringend benötigt wird.“

Nach Angaben der UN hatten gestern insgesamt neun Lastwagen die Erlaubnis der israelischen Behörden erhalten, nach Gaza einzufahren. Da die Cogat-Behörde von fünf Lastwagen sprach, war zunächst nicht klar, weshalb die anderen von den UN genannten Lastwagen doch nicht nach Gaza gelangten.

Bundesregierung appelliert an Israel

Vor Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 hatten rund 500 Lastwagen täglich Waren in das Küstengebiet transportiert. UN-Sprecher Stéphane Dujarric betonte auch, dass die Hilfslieferungen nach wie vor unzureichend seien und Hunderte Lastwagen benötigt würden.

„Natürlich sind neun Lastwagen besser als gar keine Lastwagen, aber wir brauchen einen massiven Anstieg der humanitären Hilfe, wir brauchen einen massiven Zustrom von Lebensmitteln, von Speiseöl, von Treibstoff, um diesen Bedarf zu decken.“

In einem gemeinsamen Appell an Israel forderten die Außenminister von Deutschland und rund 20 weiteren Geberländern, deutlich mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu erlauben. „Ermöglichen Sie den Vereinten Nationen und den humanitären Organisationen, unabhängig und unparteiisch zu arbeiten, um Leben zu retten, Leiden zu lindern und die Würde zu wahren“, heißt es in dem vom Auswärtigen Amt in Berlin veröffentlichten Schreiben.

Seit Anfang März hatte Israel keine Hilfslieferungen mehr in den Gazastreifen gelassen. Als Begründung führte Netanjahus Regierung an, dass die Hamas die Hilfsgüter gewinnbringend weiterverkaufe, um Terroristen und Waffen für ihren Kampf gegen den jüdischen Staat zu bezahlen. Vorgestern kündigte das Büro des israelischen Ministerpräsidenten dann überraschend an, doch wieder Hilfslieferungen in das Gebiet zuzulassen.

Medienberichten zufolge sollen Hilfsgüter wie Mehl, Babynahrung und Treibstoff nun erst einmal – wie schon zuvor – mit Hilfe internationaler Organisationen in den abgeriegelten Küstenstreifen kommen, bis Ende des Monats ein neuer Verteilungsmechanismus umgesetzt wird.

Danach sollen die Güter künftig nur noch von wenigen Standorten im Gazastreifen aus verteilt werden. Die UN sehen diesen geplanten Mechanismus kritisch, unter anderem weil Zivilisten auf dem Weg zu Verteilungszentren ins Kreuzfeuer geraten könnten und der Weg dorthin für Alte und Kranke eine unüberwindbare Hürde darstellen könnte.

dpa

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