Ausland

Europäisches Parlament wertet Gesundheitsausschuss auf

  • Mittwoch, 18. Dezember 2024
/picture alliance, EPA, Ronald Wittek
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Berlin – Das Europäische Parlament erhält einen eigenen Gesundheitsausschuss. In Straßburg stimmten die Abgeordneten heute für eine entsprechende Aufteilung des bisherigen Ausschusses für Umweltfragen, öffent­liche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI).

Damit wird der Unterausschuss für öffentliche Gesundheit (SANT) zu einem vollständigen Ausschuss mit Kom­petenzen im Gesetzgebungsverfahren aufgewertet. Der Entscheidung gingen seit dem Sommer andauernde Verhandlungen zwischen den beiden größten Parlamentsfraktionen, der bürgerlich-konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) und den Sozialdemokraten (S&D), voraus.

Die Initiative zur Aufteilung des Ausschusses ging von der EVP aus. „Damit tragen wir der gestiegenen Bedeutung von Gesundheitspolitik auf europäischer Ebene Rechnung“, erklärte heute der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Peter Liese (CDU).

Der technische Grund für die Aufspaltung sei hingegen die enorme Arbeitsbelastung des Ausschusses aufgrund seiner inhaltlichen Breite. In der vergangenen Legislaturperiode sei rund ein Viertel aller Gesetzesvorhaben der EU im ENVI verhandelt worden. „Das ist nicht gesund“, unterstrich Liese heute.

Gesundheitspolitische Themen hätten deshalb nicht die Bedeu­tung erhalten, die ihnen zustehe. Als Kompromiss mit den Sozialdemokraten, die der Aufspaltung kritisch gegen­übergestanden hätten, sei vereinbart worden, dass Themen im Grenzbereich zwischen Umwelt und Gesundheit beim ENVI-Ausschuss verbleiben, der künftig nur noch „Ausschuss für Umwelt, Klima und Lebensmittelsicherheit“ heißen wird.

Der aufgewertete Gesundheitsausschuss soll wiederum Kompetenzen in sieben genau definierten Themenbe­reichen erhalten: Arzneimittel und Medizinprodukte, Programme und Maßnahmen der öffentlichen Gesundheit, Gesundheitskrisenvorsorge und -reaktion, psychische Gesundheit und Patientenrechte, Gesundheitsaspekte des Bioterrorismus, die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) und das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) sowie die Beziehungen zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) in den ge­nannten Bereichen.

Der Ausschuss soll 43 Mitglieder und bis zu vier stellvertretende Vorsitzende erhalten. Die konstituierende Sit­zung ist für den Januar vorgesehen. Der Vorsitz werde aller Voraussicht nach an den bisherigen Vorsitzenden des Unterausschusses gehen, den Polen Adam Jarubas von der EVP, erklärte Liese.

Er selbst hingegen verbleibe im ENVI-Ausschuss und werde dementsprechend nicht mehr gesundheitspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion sein. Seinen Posten werde voraussichtlich der Kroate Tomislav Sokol übernehmen, ebenfalls ein erfahrener Gesundheitspolitiker, der unter anderem Berichterstatter für den Europäischen Gesund­heitsdatenraum (EHDS) war.

Der aufgewertete SANT-Ausschuss müsse im neuen Jahr schnell seine Arbeit aufnehmen, da die Liste der abzu­arbeitenden Themen lang sei, mahnten Liese und sein Fraktionskollege Oliver Schenk, ebenfalls Ausschussmit­glied, heute. Schenk war unter dem früheren Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) auch im Bundesgesundheitsministerium tätig.

„Der wichtigste und dringendste Punkt ist die Bekämpfung von Arzneimittelengpässen“, sagte Liese. Die EU-Kom­mission habe zugesagt, innerhalb der nächsten 100 Tage im Amt einen Critical Medicines Act vorzulegen. Diesen gelte es zu bewerten und weiterzuentwickeln. „Europa hat das Problem nicht verursacht. Das waren die nationa­len Gesundheitssysteme, die immer nur auf den Preis geachtet haben. Aber wir können helfen, das Problem zu lösen.“

„Wir brauchen so etwas wie einen europäischen Pharmadialog, der alle Stakeholder an einen Tisch holt“, forderte Schenk. Die Aufwertung des SANT-Ausschusses mit seinen Kompetenzen sei dabei ein gutes Zeichen.

Das zweite große Thema sei die Digitalisierung der europäischen Gesundheitswesen. „Wir sehen jetzt mit wel­cher Wucht und Geschwindigkeit die Digitalisierung die Gesundheitsversorgung verändert“, sagte Schenk.

„Da müssen wir besser werden, auch mit Blick auf den amerikanischen und asiatischen Raum. Das müssen wir euro­päisch angehen.“ In der aktuellen Legislaturperiode wird das Parlament die Umsetzung des EHDS durch die EU-Mitgliedstaaten begleiten und überwachen.

Auch liege zeitnah die zugesagte Überarbeitung der Medizinprodukteverordnung (MDR) an. Bereits im ersten Quartal sollen laut Liese „alle Schritte, die man untergesetzlich gehen kann, umgesetzt werden“. Zudem hatte die EU-Kommission kürzlich eine systematische Prüfung der MDR zugesagt.

Weitere Großprojekte seien die Weiterentwicklung des Krebsplans und die Aufsetzung eines neuen europäischen Aktionsplans zu kardiovaskulären Erkrankungen.

lau

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