Fast eine Million Brasilianer warten auf Operationstermine

Rio de Janeiro – Angesichts leerer Kassen im öffentlichen Gesundheitssystem (SUS) warten in Brasilien mindestens rund 900.000 Patienten auf einen Operationstermin, einige von ihnen bereits seit zehn Jahren. Das berichtete die Zeitung O Globo. Metropolen wie Rio de Janeiro seien aufgrund fehlender Daten in dieser Statistik nicht einmal erfasst.
Die Wartelisten der öffentlichen Krankenhäuser in 16 der 27 Bundesstaaten Brasiliens zählen demnach 904.000 Patienten. Zwar sind die Behörden eigentlich dazu verpflichtet, die Statistiken zu veröffentlichen. Kommunen wie Rio de Janeiro, mit rund acht Millionen Einwohnern Brasiliens zweitgrößte Stadt, kamen dem jedoch nicht nach. Andere Städte und Bundesstaaten weigerten sich sogar, die Daten offenzulegen.
Keine Verbandszeug, keine Spritzen, kein Essen
In vielen Regionen Brasiliens steht das öffentliche Gesundheitssystem vor dem Kollaps. Abgesehen von Ärzten und Krankenbetten fehlt es an den einfachsten Dingen wie Verbandszeug, Spritzen und Essen. Landesweit mussten 70 Prozent aller Krebspatienten aufgrund fehlender Medikamente zuletzt ihre Behandlung unterbrechen.
Besonders dramatisch ist die Lage in Rio. Eine Klinik für Schwangere am Stadtrand musste am vergangenen Sonntag wegen Mangels an Medikamenten schließen. Ein weiteres Krankenhaus in Rio verweigerte gestern die Aufnahme neuer Patienten. Da die Landesregierung den Angestellten drei Monatsgehälter schulde, sei die Arbeit teilweise eingestellt worden. In anderen Kliniken putzten Angehörige von Patienten Berichten zufolge notdürftig die Klinikräume.
Neben leeren Haushaltskassen aufgrund der dreijährigen Wirtschaftskrise sehen Experten Managementfehler und Korruption als Ursachen für die Missstände an. Zudem verspreche das SUS allen Bürgern eine Rundumversorgung, die sich aufgrund der angespannten Finanzlage nicht realisieren lasse. Den Patienten bleibe oftmals als einzige Lösung, sich die Behandlung vor Gericht zu erstreiten.
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