Gehäufte Lungenentzündungen in China beunruhigen die WHO

Genf/Peking/London – Im Norden Chinas sind im Augenblick gehäuft Kinder an Lungenentzündungen erkrankt. Das hat nun die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf den Plan gerufen. Sie fordert von China nähere Informationen zu der Erkrankungswelle.
In Chinas sozialen Medien kursieren seit Tagen Berichte und Bilder von vollen Kinderkrankenhäusern. Lehrer forderten Eltern auf, Kinder nicht mit Symptomen zur Schule zu schicken. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua gestern berichtete, verzeichnet vor allem die Grippe in Peking einen „steilen Aufwärtstrend“.
Die Nationale Gesundheitskommission Chinas führt die Zunahme solcher Erkrankungen im Land auf die Verbreitung der Erreger nach Aufhebung der Coronamaßnahmen zurück. Auch in anderen Ländern wie Deutschland hatte es danach besonders starke Wellen von Erkältungskrankheiten gegeben.
Laut Zania Stamataki, außerordentliche Professorin für Virusimmunologie an der Universität von Birmingham, ist dies plausibel: „Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass die Zunahme der Lungenentzündungsfälle bei Kindern in China auf ein neues Virus zurückzuführen ist“, sagte sie.
„China erlebt jetzt wahrscheinlich eine große Welle von Atemwegsinfektionen bei Kindern, da dies der erste Winter nach der langen Abriegelung ist, die die Verbreitung von Atemwegsinfektionen und damit die Immunität gegen endemische Erreger drastisch reduziert haben muss“, ergänzte Francois Balloux vom University Collage London (UCL). Dieses Phänomen nach einer Abriegelung werde auch als „Immunitätsschuld“ bezeichnet, so der Professor für Computational Systems Biology und Direktor des UCL Genetics Institute.
Laut den chinesischen Behörden sind Atemwegserreger wie Rhinoviren und respiratorische Synzytialviren (RSV) im Augenblick weit verbreitet. Auch Mykoplasmeninfektionen seien in letzter Zeit vermehrt aufgetreten, hätten aber in der Hauptstadt ihren Höhepunkt bereits überschritten. Mykoplasmen sind Bakterien, die vor allem bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen Lungenentzündungen verursachen können.
Peking, das im Norden des Landes liegt, erlebt gerade einen starken Kälteeinbruch. Bis morgen sind Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt angekündigt. Mit der Kälte steigen auch die Fälle von Atemwegserkrankungen an, wie der stellvertretende Direktor des Pekinger Zentrums für Krankheitskontrolle und -prävention, Wang Quanyi, sagte.
Während der Coronapandemie hatte sich die WHO immer wieder über mangelnde Transparenz und Kooperation der chinesischen Behörden beschwert.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: