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Geplante Neueinstufung von Ethanol durch EU bereitet Fachverbänden Sorge

  • Freitag, 21. März 2025
/mewaji, stock.adobe.com
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Berlin – Die beabsichtigte Neueinstufung von Ethanol durch die europäische Chemikalienagentur (ECHA) bereitet Fachverbänden Sorge: Eine solche Regelung könne dazu beitragen, dass der Stoff nur noch stark eingeschränkt genutzt werden kann.

In einem gemeinsamen Forderungspapier informieren Pharma Deutschland und weitere Verbände der Gesundheitswirtschaft nun über die möglichen Auswirkungen der Neueinstufung auf den Gesundheitsbereich. Folgen hätte die neue Regelung demnach beispielsweise für den Infektionsschutz sowie die Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten in Deutschland. Auf die Problematik hatte jüngst auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hingewiesen.

Ethanol soll von der ECHA als generell krebserregend und reproduktionstoxisch eingestuft werden. Damit würde der Stoff zum CMR-Stoff (krebserregend, mutagen, reproduktionstoxisch) der Gefahrenkategorie 2 oder möglicherweise auch der höchsten Gefahrenkategorie 1.

Die Verbände kritisieren, dass die Gefahreneinschätzung der ECHA hauptsächlich auf Daten zum missbräuchlichen oralen Konsum von Alkohol als Genussmittel basieren. Bei medizinisch verwendetem Ethanol handele es sich jedoch um ein Biozid, das nicht oral aufgenommen werde.

„Im Gesundheitsbereich und in allen anderen Industriezweigen ist die Verwendung von Ethanol sicher und gut geregelt. Uns ist in diesem Zusammenhang kein Fall einer Berufskrankheit, die im Zusammenhang mit Ethanol steht, bekannt“, sagte Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin von Pharma Deutschland.

Die Verbände argumentieren, dass der Einsatz von Ethanol im Gesundheitswesen unverzichtbar ist – aufgrund seiner keimtötenden Eigenschaften vor allem zur Vorbeugung von Infektionen.

Ethanol sei der einzige Alkohol, der vollständig viruzid und umfassend gegen unbehüllte Viren, wie beispielsweise Polioviren wirke und auch bei Noroviren zuverlässig sei. Für Ethanol gebe es keine geeigneten Alternativen mit ähnlicher Wirksamkeit.

Das Ausweichen auf eine vermeintliche Alternative wie Propanol könne zudem Lieferengpässe mit sich bringen: In der EU gebe es im Gegensatz zu mehreren hundert Ethanolherstellern nur fünf Unternehmen für Alternativstoffe.

Problematisch sei die Situation auch für Frauen im gebärfähigen Alter, die im medizinischen Bereich arbeiten: Wenn Ethanol als reproduktionstoxisch mit Wirkung auf Laktation eingestuft werden würde, würde ihnen nach deutschem Arbeitsrecht ein Berufsverbot drohen.

Abseits von seinem breiten Einsatz in Desinfektionsmitteln spielt Ethanol auch eine wichtige Rolle bei der Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten sowie in der Laboranalytik, heißt es in der Mittelung.

„Es ist wichtig, sich national und in Richtung der EU gegen eine unsachgemäße Neueinstufung von Ethanol zu positionieren“, so Brakmann. „Das hätte fatale Folgen für die medizinische Versorgung in Deutschland“.

Als bedeutendes und wirtschaftsstarkes Mitglied der EU hat Deutschland dem Forderungspapier zufolge einen großen Einfluss auf die Entscheidung. Die Bundesregierung solle daher zügig Position beziehen und sich für den Erhalt von Ethanol im Gesundheitswesen einsetzen.

nfs/EB

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