Hilfsorganisation: Rettungsschiff vor Libyen beschossen

Palermo – Das Rettungsschiff „Ocean Viking“ soll nach Angaben der europäischen Hilfsorganisation SOS Méditerranée in internationalen Gewässern von der libyschen Küstenwache beschossen worden sein.
Der Angriff habe am vorgestern Nachmittag rund 40 Seemeilen nördlich der libyschen Küste stattgefunden und etwa 20 Minuten gedauert, teilten die Seenotretter mit. Die Küstenwache dementierte die Darstellung und sprach von „Warnschüssen“.
An Bord befanden sich der Hilfsorganisation zufolge 87 Gerettete. Verletzt wurde niemand. SOS Méditerranée veröffentlichte ein Video von dem Vorfall.
„Dieser Vorfall war nicht nur eine ungeheuerliche und inakzeptable Tat“, hieß es in der Mitteilung der SOS Méditerranée. Die Seenotretter sprachen von einem gezielten Angriff und forderten eine gründliche Untersuchung. Zudem verlangten sie ein Ende der europäischen Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache.
Ein Sprecher der libyschen Küstenwache bestätigte einen Vorfall mit der „Ocean Viking“. Die Sicherheitskräfte hätten aber lediglich Warnschüsse in die Luft abgegeben. Europäische Hilfsorganisationen mit Schiffen in libyschen Gewässern würden „bei ihren Beschwerden über die libysche Küstenwache immer übertreiben“, sagte der Sprecher.
Er warf den Hilfsorganisationen vor, noch mehr Migranten als ohnehin zu der gefährlichen Überfahrt zu bewegen. „Die Präsenz ihrer Schiffe ermöglicht die Arbeit der Schmuggler“, die ihre Boote mit den Migranten an Bord direkt in Richtung der Schiffe wie von SOS Méditerranée steuerten, so der Sprecher.
Jedes Jahr wagen Tausende Migranten die Überfahrt über das Mittelmeer, meist von Libyen oder Tunesien aus. Dabei kommt es immer wieder zu schweren Unglücken. Seenotretter und die italienische Regierung geraten regelmäßig in Streit über die Rettungsaktionen.
Zudem teilte die Hilfsorganisation Mediterranea Saving Humans mit, dass ihr Rettungsschiff „Mediterranea“ im Hafen von Trapani festgesetzt wurde. Demnach werfen die italienischen Behörden der Crew vor, eine Anweisung des Innenministeriums ignoriert zu haben: Statt nach Genua, im Norden des Landes zu fahren, hatte das Schiff zehn Gerettete in der sizilianischen Hafenstadt Trapani ans Land gebracht.
Wie lange das Schiff festgehalten wird, ist noch unklar. Zugleich droht eine Geldstrafe von bis zu 10.000 Euro.
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